Samia – Honey
Samia Najimy Finnerty will die Versprechen der besten Momente auf The Baby mit ihrem Zweitwerk Honey zwar nicht stemmen – was jedoch irgendwo zwischen (Phoebe Bridgers-)Worship und (Billy Eilish-)Tribut dennoch weitestgehend überraschend stimmig funktioniert.
Vom 2020er Debütalbum Samias sind rückblickend ja primär selektive Highlights wie vor allem die superbe Single Big Wheel in Erinnerung geblieben. Bei Honey wird es mutmaßlich nur wenig anders sein: Bestand haben sollten diesmal in erster Linie der ambiente Zeitlupe-Minimalismus von Kill Her Freak Out, dem der Spagat zwischen Intimität und Angriffslust mit smarter Hook gelingt, sowie To Me It Was, einer Indie Folk-Miniatur zum Niederknien, die am Ende in einen bittersüßen Drive verfällt. Auch das Finale des locker-entspannten Titelsongs wird dadurch, den Indie Rock im Gemeinschaftsgefühl eines Ohrwurms aufgehen zu lassen, zumindest mittelfristig Spuren hinterlassen un der Breathing Song, der als Trauma-Therapie im Autotune bis zum Cut einer exemplarischer Reduktion entgegenfleht, wird für viele Menschen womöglich gar wichtig sein.
In diesem dabei ästhetisch bewanderten Spektrum – also genau genommen nur von Punisher bis Happier Than Ever reichend – bewegt sich das erstaunlich andächtig und introspektiv verortete Honey grundlegend, die nötige Substanz, um seine Klasse über dem Trittbrett zu etablieren, mal mehr, mal weniger in die Auslage stellend: Ambition bedeutet für Samia aktuel nicht, über ihre Idole hinauswachsen zu wollen, sondern in deren Schatten Größe zu zeigen.
Kein schlechter Ansatz: Die Klavier-Miniatur Pink Balloon pflegt etwa eine besinnliche Melancholie und Sea Lions schwelgt zurückhaltend über traurigen Tasten in den unverbindlichen Synthpop-Weichzeichner. Und Nanana schunkelt fast weihnachtlich in sanften Armen liegend, bevor das lockere Geplänkel Dream Song ein relativ unspektakulär bescheidenes Finale für dieses Zweitwerk beschert.
Das eigentliche Problem von Honey ist insofern allerdings, dass die Platte als Ganzes, wie schon der Vorgänger, unausgegoren auftritt – diesmal, weil die flotteren Momente zur Bagatelle neigen.
Konkret überzeugt das angenehme, auf eine Gitarre und unaufgeregten Rhythmus gebaute, Charm You zwar durchaus, doch fällt Mad at Me mit seinem sanften 80er Beat und latent funky Vocoder-R&B von papa mbye aus dem Rahmen, während das ähnlich veranlagten Amelia als unverbindlicher Sommer-Synthpop nicht schlecht, aber einfach egal untergeht.
Dass Samia in Summe damit wieder hinter ihrem Potential zurückbleibt, ist allerdings zu verkraften: Sie unterstreicht mit klarer Stimme, bittersüßem Songwriting und aus der Verletzlichkeit (auch durch Selbstsabotage) geborenen Texten ihre Qualitäten (und bekommt deswegen folgend die punktetechnische Aufrundung in der Bewertung), auch wenn die Kanten der zur Bekömmlichkeit neigenden Inszenierung ruhig rauer und individueller schraffiert werden könnten.
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