Ryan Bingham – Watch Out for the Wolf
Im Zuge des Autoren- und Schauspieler-Streiks hat Yellowstone–Schauspieler Ryan Bingham vier Jahre nach American Love Song wieder Zeit für seine eigentliche Profession als Musiker – und mit Watch Out for the Wolf eine EP am Start, die einmal mehr neue Grenzen für den 42 Jährigen abzustecken versucht.
Alleine in einer einsamen Hütte in der Wildnis von Montana mit sparsamen Equipment („an old Gibson acoustic guitar, MIDI keyboard, an electric guitar and a mandoline“) aufgenommen, ist nämlich die ebenso karge und rohe, wie warm und intim aus der Reduktion geborene Stimmung von Watch Out for the Wolf das eigentliche Highlight dieser 24 Minuten, die mit fast meditativer Wirkung einladend einen bekümmerten Trost ausstrahlen und doch eine seltsam heimelige Atmosphäre bieten, auf die man sich im Verbund mit Binghams toller Stimme (die in diesem Setting phasenweise deckungsgleich mit Brian Fallon klingt) nur zu gerne einlässt.
Allerdings liegt in der Genügsamkeit der Herangehensweise auch die eine Achillesferse der Platte: die Drums Beats der Nummern laufen alle simpel gehalten, vor allem aber unendlich monoton, dahin, kennen keine Variation oder Akzente, keine gefinkelte Finesse – was auch zur hypnotische Wirkung beiträgt, mehr noch aber eine einschläfernde, langweilende und frustrierend lieblos/dilettantisch anmutende Wirkung hat, weil die Aufmerksamkeit durch die absolute Gleichförmigkeit einfach abdriftet und den Nummern einen notdürftigen Beigeschmack verleiht.
Eine andere Crux stellt jedoch auch das Songwriting an sich dar, streunt Watch Out for the Wolf doch trotz seiner so kompakten Spielzeit in jedem seiner sieben Songs länger und wiederkäuender umher, als es dem Material gut tut.
Im abgedämpften schrammelnden Where My Wild Things Are sowie der versöhnlichen, locker zum Horizont erhebenden Aufbruchstimmung von This Life soll etwa jeweils uninspiriertes Pfeifen einen wirklichen Refrain ersetzen, während die konventionellen Strukturen durch ihre Repetition in Kombination mit der oberflächlichen Rhythmusarbeit die Tiefenwirkung konterkarieren. Automated funktioniert ganz ähnlich angelegt im verträumten Dösen sinnierend runder, derweil das bluesige Shivers so dunkel und düster schon beinahe einen apokalyptischen Earth-Vibe hat, wo Internal Intermission als transzendentale Percussion-Seance, die erst spät mit bratzendem Strom versorgt wird, gen Duke Garwood tendiert: grundlegend steht Bingham die neue (auch vom Artwork ästhetisch wunderbar eingefangene) Ausrichtung famos – tatsächlich aber gönnt sich jede Facette dieser Exerzizien frappante Mäkel.
River of Love biegt auf den Country-Highway joggend ab, wäre ohne den enervierend schwachbrüstigen Uff Zack-Dosen-Rhythmus aber merklich besser, weil keine derart dünne Rock n Roll-Sparschiene: Bingham am Keyboard als Drum-Ersatz ist einfach ein kleines Desaster. Devil Stole My Style zupft über den Drone summend dagegen mit abgründiger Ruhe, wiederholt sein Muster aber schnell nur noch und mutet damit wie ein zu ausführliches Interlude an: Bingham beim Komponieren findet diesmal nicht zum Punkt.
Was dann im Einzelnen wie in Summe ein halbgares Gefühl hinterlässt, weniger ärgerlich als mit einer latenten Egalität, zeigt die subjektive Formkurve des immer noch sympathischen, immer noch so interessanten Bingham mit dem sein Potential verschwendenden Watch Out for the Wolf doch konstant nach unten und lässt den einstigen Höhenflieger im mediokren Mittelmaß ankommen.
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