Ryan Adams & The Cardinals – Alive: Volume I
Ryan Adams hat die legendären Cardinals zumindest nominell – als Quasi-Allstar-Combo – wieder zum Leben erweckt und spendiert mit Alive: Volume 1 einen allgemeinen Überblick über die Anfänge dieses wohl auch monetär motivierten Neubeginns.
Mit den alten Cardinals hat dieser Reboot nämlich tatsächlich wenig zu tun: Durch Brad Pemberton an den Drums findet sich nur nur ein Mitglied der ursprünglichen Band auf der Besetzungsliste wider, die neben Adams von Produzenten-Kumpel und Dylan-Intimus Don Was, Daniel Clarke und Stephens Sohn Chris Stills komplettiert wird.
Ein Affront für Puristen, zumal die Magie der „originalen“ (…) Gang (ohne Pedal Steel) auch (noch) nicht erreicht wird, doch reklamieren die neuen Cardinals ihre Relevanz ohnedies durch einen merklich verschobenen Ansatz: Praktisch alle (der nunmehr ausnahmslos aus dem, nun ja, hauseigenen Repertoire stammenden) Songs werden zu gedehnten, mäandernden und auch selbstgefällig coolen Jams, die alleine im Falle von Cold Roses, Magnolia Mountain und Let It Ride zusammengenommen eine Spielzeit von insgesamt 41 Minuten einnehmen, während der trabende Outlaw Peaceful Valley zudem fast 19 Minuten auslotet.
Was, bei aller Liebe, schon seine redundanten Längen hat (manche Passagen wirken ein bisschen wie billig erkaufte Möglichkeiten, die Set-Dauer ohne zusätzlich geprobte Songs aufzufüllen), die Chemie in der Band sich vorerst noch nicht perfekt anfühlt (dafür sprechen alleine die paar – charmanterweise einfach auf dem Album beibehalten dokumentierten – Spielfehler der Veteranen-Musiker), und die nur bedingt effektiven Interpretationen insofern auch abseits des Mangels am Maßhalten natürlich polarisieren können.
All die gewohnte Prägnanz von Fix It geht der aktuellen Version beispielsweise demonstrativ ab. Und all das funky groovende Gefühl und Herzblut nicht derart pointiert wiederzufinden, kann schon frustrieren – zumindest, wenn man feste, auch latent reaktionäre Vorstellungen hat, wie diese Inkarnation der Cardinals zu klingen hat; oder man gegenhört, dass keine der Versionen hier über bisherigen Einspielungen steht.
Gerade, wenn einem die derzeitige Form von Adams aber durchaus zusagt, die Tendenz zum anachronistisch zurückgelehnten Nabelschau auch ästhetisch gefällt, schließt man wahlweise doch locker seinen Frieden mit den neuen, unaufgeregten Perspektiven, weil das alles als knödelige Roadhouse-Bluesrock-Variante mit vielen orgelnden Flächen und nonchalant abgehangenen Gitarrensoli eben doch seinen in den Classic-Aspekten der 70s wurzelnden Reiz hat – inklusive spürbar gezeigter Luft nach oben.
Für etwaige subjektiv weniger gute Entscheidungen (wie der Delay-Stimme in Beautiful Sorta oder dem generell etwas holprige Sound der aus unterschiedlichen Quellen stammenden Aufnahmen, die aber womöglich auch nur am 160 kbit Download leiden?) sorgen für Abzüge in der B-Note, doch gerade als geschenkter Download besteht wenig Grund, über Alive: Volume 1 zum mosern, während Schönheiten wie das melancholisch klimpernde Dear John auch an der Grenze zu nostalgisch schippernden Gefälligkeit zu überzeugen wissen.
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