Ryan Adams – Devolver
Ryan Adams adaptiert für sein 22. Studioalbum – nach Chris, Romeo & Julie und FM sein bereits viertes in diesem Jahr – das Artwork von Oshin, verschenkt das Sammelsurium Devolver allerdings diesmal auch zum Nulltarif.
Gratis im hauseigenen Shop von (dem zuletzt ja absurde Preise für seine überwiegend digitalen Veröffentlichungen verlangenden) Adams zu haben, bleiben die Hintergründe von Devolver trotz ausführlicher Linernotes ein wenig unklar.
Stilistisch im betont straight und barrierefrei ausgelegten, absolut unkomplizierten Heartland/ Americana Rock mit Garage-Attitüde verortet, soll über die Hälfte der Tracks (dem Vernehmen nach Don’t Give It Away, I’m In Love With You, Marquee, das womöglich etwas mit der unveröffentlichten Mike Viola-Kooperation zu tun habende Alien USA, Why Do You Hate Me neben dem unlängst in einer Instagram-Live-Session konzipierten Too Bored to Run) während den 2014er- Shining/ Selftitled-Sessions entstanden sein. Alle elf Songs der Platte klingen dabei sehr einfach gestrickt gefühltermaßen direkt von FM übernehmend aber wie die in einem Rutsch entstandenen, poppigeren Ausläufer von Rock’n’Roll oder III/IV: unbekümmert, kurzweilig, unverbindlich unterhaltend – und auch ein bisschen eindimensionaler als die nahverwandten Diskografie-Platten.
Dass Adams zudem bis auf ein paar instrumentale Spuren nunmehr praktisch alles im Alleingang aufgenommen haben dürfte, resultiert schließlich in einer gar zu stromlinienförmigen, kaum Raffinesse zeigenden Rhythmussektion, die Devolver abseits einiger textlicher Schwächen manchmal banaler als nötig erscheinen lässt: nach nichtsdestotrotz wirklich tollen Songs wie Don’t Give It Away (ein gut abgehangener Midtempo Rock mit heulenden, bratzenden und solierenden Gitarren, relaxten Drums und präsentem Bass, der sich für sein schepperndes Finale verhaltene Backingshouts gönnt), dem nahtlos übernehmenden Alien USA (die zurückgelehnte Aufbruchstimmung im Highway Roadhouse entspannt sich als potentiell geschmackvollster Weezer-Song seit langem) oder Marquee (ein hardrockiger dahinlaufender Flirt mit dem Country Rock, der im Chorus wie die meisten Stücke typisiert aufs Gaspedal drückt) stellt sich doch eine gewisse Gleichförmigkeit im MO ein.
Viel klangliche Variation gibt es mit Ausnahme des seine oszillierenden Gitarren plingen und pendeln lassenden Eyes On The Door, das mit 80er-Synthies, Indie-Feeling und Dreampop-Schleier eine abwartende Haltung einnimmt, sowie Free Your Self (dessen Acoustic-Setting der Platte gut tut, beschwingt und locker durchatmen lässt) genau nicht – dafür aber eben eine homogene übergeordnete stilistische Identität und die klare Haltung samt qualitativ konstantem Niveau.
Von Ausschussware kann hier also zu keiner Sekunde auch nur ansatzweise die Rede sein, auch wenn wie bei FM der Eindruck bleibt, es mit einem schmissigen Happen für zwischendurch zu tun zu haben.
Stare at the TV stackst vielmehr als kleiner Hit und brachialer Ohrwurm gackernd zu einer (viel zu oft wiederholten) extrem catchy zündenden Instant-Hook und Banging on my Head poltert energetisch auf die Hinterbeine gestellt, zieht die Spannung gerade wegen der Simplizität so effektiv wie energisch an und geht für den fetzigen Refrain von der Leine, um der Boss im Punk zu sein, ohne The Gaslight Anthem nahezukommen. Too Bored to Run stampft epischer schraffiert dahin und trägt seine Springsteen-Liebe nicht nur im Titel. Ohne die in letzter Zeit frappanter gewordene Retro-Reverb-Orientierung hat Devolver eine (zu) frontale Wirkungsweise, die spätestens im Abgang (Get Away skandiert als flotter Standard seinen Titel, I’m In Love With You nimmt Romantik sowie Handclaps mit, und Why Do You Hate Me bremst das Tempo zum Restaurant-Besuch für die abgründige, mit Placebo-Ästhetik rezitierenden atmosphärischen Opferrolle) als Momentaufnahme begleitet, die ebenso nostalgisch („In the dark when I’m scared, think of all the things we shared/ Remember when it was easy and nobody cared?“) ist, wie sie nach vorne blicken will („It’s just about time we made it out/ It’s just about time we get up“).
Aus gutem Grund: Mit diesen 30 Minuten als deklariertem Geschenk für seine Fans feiert Adams ein Jahr Abstinenz.
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