Ryan Adams – Blackhole

von am 7. Dezember 2024 in Album

Ryan Adams – Blackhole

Zu schön, um wahr zu sein? Nach dem Release-Stand zum Jahresbeginn verabschiedet sich Ryan Adams von 2024 mit der kaum noch für möglich gehaltenen Veröffentlichung des sagenumwobenen Blackhole. Vor allem aber entlässt er das Album aus seinem mythischen Nimbus.

Über all die sich um die Platte seit über zwei Jahrzehnten rankenden Gerüchte lässt sich an zahlreichen Stellen im Netz Lektüre finden. Etwa hier. An dieser Stelle soll deswegen also die Kurzfassung genügen: Adams hat laut eigenen Aussagen zwischen Anfang und Mitte der 00er Jahre ein Album namens Blackhole aufgenommen, dieses aber rund um haltlose Interview-Ankündigungen niemals veröffentlicht, auch nicht als Teil eines Boxsets, was obsessive Fan-Fantasien freidrehen ließ.
Obwohl es nun eben doch zu einem offiziellen Release gekommen ist, bleiben dennoch viele Dinge unklar. Etwa, ob und wann welche Parts der alten Demos nun neu eingespielt wurden. Oder, ob es sich hierbei überhaupt tatsächlich um das Material handelt, aus dem seinerzeit Blackhole bestehen sollte – man traut Adams mittlerweile durchaus zu, irgendwelche Songs einfach unter dem Banner zu verkaufen, weil der Titel alleine einen Absatz bei der loyalen Gefolgschaft bedeutet.

Wie dem auch letztlich sei, fällt zumindest auf, dass Blackhole mit einem relativ dünnen Sound und bestenfalls enervierend dürftigen Mix daherkommt. Alleine klangtechnisch wäre mehr aus Songmaterial rauszuholen gewesen, das anhand eines über weite Strecken ermüdend zwischen schnelleren und langsameren Midtempo-Stücken wechselnden Sequencings grundlegend überzeugt, ohne jemals zu begeistern: die kurzweiligen 35 Minuten der Platte versammeln relativ höhepunktlos, ohne wirklich zwingende Hooks (aber auch gravierende Ausfälle) daherkommend elf rundum (sehr) gute Indierock-Songs, die sich erst an den Smiths und im weiteren Verlauf an den Strokes orientieren.

Der unangestrengt catchy daherkommende Opener The Door verneigt sich ebenso deutlich wie das schön entspannte, noch bessere Call Me Back (mit seiner E-Drum-Finte) vor Johnny Marr und seiner Band mit Morrissey, bevor Blackhole das erwähnte Wechselspiel abruft: Help Us ist flott und zügig, (das etwas zu lange und zu beliebige) Likening Love to War dagegen ein zurückgelehnt twistender Stehttanz.
Der Beginn von Starfire schielt dagegen klar zu Casablancas und Hammond Jr., bevor der zackige Antrieb fast dancepunkig zu einem arg sinplizistisch skandierbaren Refrain führt und Just You Wait wieder getragener schippert – ein Standard, der eine schöne Melodie hat, die sich mit einem kitschigen Chor belohnt. For the Sun ist auf einen knackigen Basslauf gebaute und klingt wie ein 80er Rocker ohne Brimborium, dafür mit einer Weezer’esken Verschmitztheit – das passt auch deswegen, weil die ja ihre eigenen Blackhole-Songs mit sich herumtragen.

Dass dem Album danach substanziell ein wenig die Luft ausgeht ist schade. Catherine (mit mehr Smiths-Ästhetik) nimmt  das Tempo solide mit und Tomorrowland (mit mehr Strokes-Ästhetik) gackert verträumt, was ebenso wie das nette Runaway absolut okay geht, aber eben zu belanglos ist, bevor When I Smile zum schunkelnden Ska tänzelnden samt weiblicher Unterstützung noch einmal für mehr Prägnanz sorgt, den Reigen jedoch exemplarisch unterwältigend abrundet.
Denn Blackhole wäre in der jetzt veröffentlichten Form zwischen Alben wie Love is Hell, Cold Roses, Easy Tiger oder Ryan Adams wohl schlichtweg ziemlich untergegangen. Als Nachfolger von 1985, Heatwave, Star Sign und Sword & Stone – und gerade, wenn man sich der Illusion entledigt, es mit einem (verschollenen) Meisterwerk zu tun haben zu können – erledigt die Platte aber einen guten Job. Mit einer besseren Produktion (oder sogar nur, wenn man den rockigen Ryan dem balladeskeren Adams hinsichtlich des Songwritings vorzieht) könnte man der abschließenden Wertung im Gedanken sogar zumindest einen Punkt hinzuaddieren.


Print article

Kommentieren

Bitte Pflichtfelder ausfüllen