Roger Waters – The Lockdown Sessions
Für The Lockdown Sessions gilt: Musik von Roger Waters zu konsumieren bedeutet mittlerweile ja immer auch, für sich selbst eruieren zu müssen, ob man Kunst und Künstler voneinander trennen kann/will.
Inwiefern sechs Mehr-oder-minder-Klassiker aus dem Hause Pink Floyd (die sich heuer mit dem schaurigen Hey, Hey, Rise Up! ja nicht gerade mit inspiriertem Ruhm bekleckert haben) also von den politischen (…) Ansichten des 79 jährigen Briten befleckt werden, soll jeder für sich entscheiden.
Fakt ist: Waters hat – wie gefühlt einfach jeder Musiker in Pandemiezeiten – zuhause (ab Mai 2020 um genau zu sein) Songs aus dem eigenen Katalog im akustisch zurückgenommenen Gewand aufgenommen, gestreamt und veröffentlicht sie nun – wie früher oder später gefühlt ebenfalls jeder Musiker – unter dem Banner The Lockdown Sessions.
Von The Wall aus dem Jahr 1979 kommen Mother, Vera (das sich Bring the Boys Back Home einverleibt und so zu einem Fünfminüter wird) sowie Comfortably Numb 2022 („I pitched it a whole step down, in A Minor, to make it darker and arranged it with no solos, except over the outro chord sequence, where there is a heartrendingly beautiful female vocal solo from Shanay Johnson, one of our new singers.”), Two Suns in the Sunset sowie The Gunners Dream stammen von The Final Cut aus dem Jahr 1983, derweil The Bravery of Being Out of Range von Waters‘ Soloalbum Amused to Death (1992) assimiliert wurde.
Sie alle fügen sich in einer gefühlvoll akzentuierten Performance wunderbar aneinander, leben von einem wirklich tollen Sound, der eine aufgewogene Balance samt vorteilhafter Gewichtung zeigt. Wo die Acoustic-Gitarre das Rückgrat der Interpretationen ist, intoniert Waters mit einer merklich älter gewordenen Stimme im dunklen Timbre erzählend und von weiblichen Backingsstimmen unterstützt in Gefilden, die an Leonard Cohen (und später auch David Bowie) erinnern.
Die zum Teil bereits seit Is this the Life We Want? engagierten Musiker (Gus Seyffert – Bass, Cellos and Vocals; Joey Waronker – Drums and Percussion; Dave Kilminster – Guitar and Rhythm Guitar; Jonathan Wilson – Guitar and Vocals; Jon Carin – Keyboards and Vocals, Lucius (Jess Wolfe and Holly Laessig) – Vocals; Bo Koster – Hammond sowie Ian Ritchie – Saxofon) blühen in den souligen Arrangements auf, schmiegen sich an die sanfte (phasenweise beinahe kammermusikalische) Inszenierung in all ihrer zurückhaltend getragenen Melancholie und Nostalgie, manchmal gar verhalten jubilierend.
Ein Spektrum jedenfalls, das Waters ganz ausgezeichnet steht. Wer also mit den Anschauungen des Briten leben kann, der kommt um (die nur bedingt essentiellen) Lockdown Sessions kaum herum.
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