Robbie Williams – The Christmas Present
Gewinnoptimierte Weihnachtsfeier im Hause Williams mit einigen verkaufstechnisch zugkräftigen Gästen aus aller Welt: The Christmas Present nimmt sich selbst nicht zu erst und kalkuliert damit gut.
„This album was gonna be called ‘Achtung Buble’. I fucking love Michael, but it must stop. It must end now.“ deklarierte Robbie Williams drei Jahre nach dem irren The Heavy Entertainment Show ob des prolongierten Weihnachtsmarkt-Monopols des kanadischen Kollegen und meint es mit seinem offiziell zwölften Studialbum insofern beinahe zu gut: The Christmas Present hat hinter dem Dickens’schen Artwork bereits in der regulären Version 25 Songs über eineinhalb Stunden zu bieten. Was jedoch weniger übersättigend, als phasenweise doch zu belanglos geraten ist. Denn mit tatsächlich erinnerwürdigen Eigenkompositionen, zeitlosen Fest-Hymnen und nachhaltig einverleibten Fremdinterpretationen kann Williams nicht aufwarten. Mit einem soliden, zweckmäßig-saisonalen Dienst in Form schön konsumierbarer Pop-Fingerübungen allerdings schon.
Schließlich wählt The Christmas Present eine durchaus smarte Herangehensweise an den Gebrauchsgegenstand Weihnachtsalbum, indem es mit verdienten Klassikern eröffnet, am Swing, Broadway und Entertainer-Jazz angelegt mit unbedingten Standards wie Winter Wonderland versöhnlich an Bord holt und das richtige Ambiente auslegt. Romantische Streicher und zärtlichen Chöre begleiten das gediegene Instrumentarium, sind von Guy Chambers (der mit dem sentimentalen, nur von seinen Arrangements lebenden Best Christmas Ever sowie dem etwas zu bemüht erheben wollenden Time for Change auch zwei enttäuschende Co-Kompositionen beisteuert) stimmungsvoll produziert.
Und vielleicht ist es schon das größtmögliche Kompliment, dass man Songs wie dem harmlosen, aber rundum gelungenen Coco’s Christmas Lullaby danach im direkt fortsetzenden Anschluß machen kann, dass sie sich zumindest atmosphärisch absolut stimmig in den angenehmen Fluß aus versöhnlichen Evergreens einfügen, auch wenn die Nummern für sich genommen wenig wert sind – hängen bleibt jedenfalls kaum etwas markantes abseits der Hintergrundbeschallung.
Höchstens, dass das Slade-Cover Merry XMas Everybody mit Jamie Cullum als Spektakel der aufsehenerregendere Start in die Platte gewesen wäre oder dass das Helene Fischer-Feature in Santa Baby durchaus okay geht, auch wenn die niedlich-lasziv gemeinte Performance der Deutschen so unauthentisch wie möglich geschmachtet ist. Der feine Drive des eleganten One Last Christmas überzeugt hingegen am deutlichsten a la Elton John.
Auf der zweiten Seite des Doppelalbums brauchen die Dinge hingegen ein wenig, bis sie in Schwung kommen. Immerhin orientieren sich Williams und Chambers erst über weite Strecken am MO der Killers und langweilen damit irgendwo im handzahmen Pseudo-Rock, zelebrieren bagatelisierende Ausgelassenheit. Nach und nach kommt jedoch auch hier Feierlaune auf. Weniger im konsequenzlos zu The Pogues schuneklnden Fairytales (mit Rod Stewart) als beim flotten Bad Sharon, das mit Box-Exzentriker Tyson Fury den vielleicht absurdesten Gästelistenplatz besetzt – und dabei amüsant gewinnt.
Bis zum aus der Reihe tanzenden 80er-Pop von Soul Transmission fährt die zweite Seite der Platte souverän im beiläufigen Pop nach Hause, macht bisweilen Spaß, stört nie und leistet sich auch keinen wirklichen Ausfall. Alleine Christmas (Baby Please Come Home) als einziges hier vertretenes Cover – eine Party mit Bryan Adams – zeigt jedoch die extremen Qualitätsunterschiede zwischen fremden Material und hauseigenen Originalen. Über Zeilen wie „Healed the lame, forgave the foolish / On your first birthday you were Jewish“ in Happy Birthday Jesus Christ kann man dann zumindest schmunzeln – wie oft man die verschmitzt gemeinten, aber irgendwo zwischen wohltemperiertem Schmalz und biedererem Unterhaltungswert ausgelegten Songs als Soundtrack zum Fest hören wollen wird, bleibt dahingestellt.
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