Richard Ashcroft – Acoustic Hymns Vol. 1
Funken sprühen mag der Grad der Inspiration hier wirklich nicht, aber das geht überraschenderweise dann doch absolut klar: Richard Ashcroft sonnt sich auf Acoustic Hymns Vol. 1 gefällig im unkapputbaren Glanz alter Großtaten.
Während in Pandemiezeiten die Hinwendung zum Recycling des eigenen Backkataloges im reduzierteren Acousticgewand ja generell eine Renaissance erlebte, hat Richard Ashcroft den ersten Lockdown abgewartet – dafür nun aber auch orchestrale Unterstützung samt souligen Chorladies für den zurückgenommenen Ansatz im Gepäck: Minimalismus oder Bescheidenheit war ja noch nie so das Ding des 50 Jährigen. Auch Kumpel Liam hat übrigens vorbeigeschaut. Die gemeinsame Neuaufnahme von C’mon People (We’re Making It Now) gerät jedoch nicht nur zum seicht-flapsigen Singalong, der beschwingt klimpernd auf harmloseste Weise Stimmung zu machen versucht, sondern fällt auch so ein wenig bemüht aus dem ansonsten erstaunlich gelungenen Rahmen der spannungsarmen Gesetztheit, die den etwas biederen, aber auch einnehmenden Komfort hochklassiger Kompositionen als Substanz zu haben geniest.
Evergreens und Hits wie (das symptomatisch viel, viel zu lange gehende) Bittersweet Symphony (das in dieser Version vor allem aufzeigt, dass nicht nur das Streichersample der – mittlerweile ihre Rechte an Ashcroft überschrienen habenden – Stones integral für die Magie der Nummer waren, sondern alle Beteiligten in exakt der bekannten Wirkungsweise) A Song for the Lovers, Sonnet, Lucky Man, Break the Night With Colour (das sich die billigen Bond-im-Casino-Bläser am Ende doch spare hätte können) oder das nun doch endgültig zu sülzig arrangierte The Drugs Don’t Work funktionieren dabei als Türöffner – freilich auch über die Nostalgieschiene, indem sie primär daran erinnern, wie verdammt gut Ashcroft sein konnte oder mit The Verve wirklich ausnahmslos war.
Diese Konsensstücke weichen mit einer verpflichtet scheinenden Redundanz allerdings auch gerade so weit von den Originalen ab, um die Argumentation hinsichtlich des kreativen Mehrwertes nicht komplett ins Leere laufen zu lassen, beziehungsweise im Umkehrschluss etwaige Käuferschichten nicht mit zu mutigen Modifikationen zu verprellen. Sprich: sonderlich spannend oder interessant wollen diese braven Souveränitäten gar nicht sein, wiegen etwaige Magie aber mit einer befriedigenden Routine (nicht) auf.
Eine wertkonservative Rechnung jedenfalls, die auch mit überschaubarer Leidenschaft gut nebenbei unterhält.
In Weeping Willow etwa, weil Ashcroft erstaunlich stimmig kaschiert, dass die Klasse von Ausnahmekönner Nick McCabe den Song stets existentiell mitgetragen hat. Space & Time flaniert nonchalant mit Bläsern und Streichern, der selten ausreichend gewürdigte Geniestreich Velvet Morning geht sogar ganz wundervoll im schmalzlosen Kitsch auf, gewinnt auch durch die effektbefreiten Vocals.
Dass dabei keine Version von Acoustic Hymns Vol. 1 wirklich mit den Originalen mithalten kann muß dann wohl auch nicht noch extra erwähnt werden. Obwohl Ashcroft einmal nahe ran kommt, indem er andeutet, dass im hoffnungsvollen This Thing Called Life vom relativ unsäglichen United Nations of Sound trotz grottiger Texte eine wirklich gute Nummer stecken könnte – würde der Brite sich nicht auch hier mit strapazierender Laufzeit und überkandidelter Penetranz bis zur nervenden Schmerzgrenze verzetteln.
Der Kontext fängt den ambivalenten Rehabilitierungsversuch jedoch auf, und dass ausgerechnet nicht die angegrauten Killersingles hier am anziehendsten sind, Ashcroft aber einen Großteil seines Repertoires daran bereits auf Acoustic Hymns Vol. 1 verbrät, ließe an sich interessiert in die Zukunft des zweckoprmistisch (oder angesichts der Pandemie-Entstehungsgeschichte gar zynisch?) betitelten Projektes blicken. Selbst wenn etwaige Nachfolger auch mit aller Fan-Liebe wohl nicht essentieller werden dürften als Teil 1.
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