Rhye – Blood
Dass Produzent Robin Hannibal aus dem Bandkontext verschwunden ist und Mike Milosh den Laden nun alleine schmeißt, schlägt sich auf den ersten Blick keineswegs auf den Sound von Rhye nieder. Hinter der Oberfläche lässt Blood aber abseits jedweder Eigenständigkeit diesmal doch auch die nötige Substanz im Songwriting vermissen.
Nach langen fünf Jahre Pause gelingt dem Zweitwerk der Anschluss an das Debüt Woman jedoch erst einmal ansatzlos. Gleich der Opener Waste breitet sich mit der unheimlich gefühlvollen Atmosphäre aus, die das Vermächtnis von Sade praktisch ansatzlos in eine Schnittmenge aus James Blake-Laptop-Soul, smooth-kontemplativen SOHN-Electropop-R&B sowie kuscheligen Cigarettes After Sex-Weichzeichner übesetzt und dabei die androgyne Stimme von Milosh durch die eklektisch-ätherischen Klangwelten treiben lässt: ein sinnliches Stück mit leisen Streichern über den behutsamen Keyboardschwaden, ruhig, einnehmend und melancholisch – symptomatisch.
Dieser Gangart folgt Blood in weiterer Folge nämlich nahtlos. Und obwohl Milosh sich redlich Mühe gibt, subtile Variationen im gleichförmigen Soundbild umzuschichten – nicht nur Taste lässt etwa sanfte Beats zu, Please schnipst beinahe zur Klavierballade und Count to Five imitiert Elemente aus Funk oder Rock, wo die Melodien wie vage Träume plätschern – sind die 42 Minuten der Platte schnell erfasst.
Blood lebt primär von seiner wunderbar produzierten Stimmung und perfekt designten Ästhetik, hat kompositionell aber nur selten die Eindringlichkeit, um über die allgemeine gefällige Harmlosigkeit des idealen Starbucks- und H&M-Hintergrundsoundtracks hinauszukommen. Viel Schönklang, wenig dahinter – zu oft entlassen die verführerischen Nummern ausdrücklich teilnahmslos.
Das ist zwar tröstend genug, um sich den elf Songs mit einer gewissen Beiläufigkeit wohlig hinzugeben, sich in unverbindliche Ohrwürmer wie Stay Safe sogar zu vergucken, doch gerade auf lange Sicht entlohnt der formelhaft von seinen Vorbildern geklonte Charakter dieses Woman-Dacapos nicht mit der nötigen emotionalen Intensität oder Raffinesse, um sich dieser angenehmen Wohlfühl- und Komfortzone wiederholt aktiv hinzugeben.
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