Refused – War Music
Refused haben neben Songbeiträgen für Videospielblockbuster und fette Arena-Touren vier Jahre nach dem Comeback mit Freedom ein zweites Reunion-Werk aufgenommen. War Music soll dabei laut Dennis Lyxzén das Album sein, „that people wanted us to do last time„. Ein Statement, dass die Crux ziemlich adäquat widerspiegelt, aus der heraus die einstigen schwedischen Hardcore-Vorreiter mittlerweile agieren.
Natürlich ist die Ausgangslage für Refused schwierig wie für wenige andere Bands. Schon Freedom mußte zangsläufig scheitern, natürlich vordergründig an der Erwartungshaltung und dem aufgegriffenen Vermächtnis einer auf dem Höhepunkt ihrer bis dahin makellosen Karriere so kompromisslos wie konsequent aufgelösten Szene-Ikone. Trotzdem war die Herangehensweise irgendwo zwischen absolut dreisten Selbstplagiaten, unkonventionellen Produzentenhänden und gelungenem Songwriting an den ersten Tonträger nach der Wiederauferstehung trotz all der negativen Reviews eine gelungene Idee – ein schwaches Refused-Werk war eben immer noch ein an sich (sehr) gutes Album.
Die Idee der Band, es dem Konsumenten nun noch expliziter Recht machen zu wollen (was für ein an sich schon so unfassbar absurder Gedanke hinsichtlich der hauseigenen Geschichte!) und ein näher am frühen Hardcore orientiertes zu schreiben ist hingegen keine gute: War Music hat jedoch ohnedies eklatante Probleme mit der eigenen Selbstwahrnehmung.
Alleine schon bezogen auf den Albumtitel. „It tells you what to expect going in – this is confrontational, uncompromising, unrelenting music. The drums are at war with the guitars, the guitars are at war with the amps, the songs are at war with time and the lyrics are at war with the times. (…) The title is stolen from a poem from Portsmouth, so there’s that as well.“ erklärt Lyxzén.
Zu hören gibt es auch tatsächlich einige gute, betont brachiale Gitarrenideen – allerdings in Begleitung von schockierend stumpfen Drums, die permanent unwürdig eindimensional und vollkommen ermüdend stampfen, während die bisweilen peinlich auf Radikal-Konfrontation hinauslaufenden Lyrics über die kaum variable, zumeist stumpf brüllende Performance von Lyxzén wie eine karikierende Selbstpersiflage entlang der mittlerweile geradezu klischeehaft hinausgehauenen Refused-Feindbilder anmutet. Inhaltlich ist die Band mit ihren stumpfen sozialkritischen Parolen und leicht auszurechnenden politischen Phrasen mittlerweile aber ohnedies so wenig authentisch, wie sie dafür plakativ agiert.
In diesem Umfeld zeigt War Music in einer wiederentdeckten Kompaktheit keinerlei Ambition außer körperlich unbeherrschter Betätigung und unausgegorenem Tumult. Die Ingredienzen des Songwritings scheinen zu einem überwiegenden Anteil von der Stange zu kommen, wirken seltsam bieder und charakterlos austauschbar, man tut sich schwer die indifferenten Riffs und limitierten Ideen auseinanderzudividieren. Zudem wütet die Platte dabei so erschreckend zahn- und ziellos in Szene gesetzt, hat kaum Durchschlagskraft oder eine hinter die Fassade steigende Intensität, dass sich alle Nummern selbst nach dem vielversprechendsten Beginn in purer Gleichförmigkeit verlieren: Die Produktion von Martin Ehrencrona (Tribulation, Viagra Boys) klingt gleichzeitig kraftlos und glatt, weswegen War Music gerade in der erste Hälfte auf einen teilnahmsloses Durchzug schalten lässt.
Trotzdem gibt das unausgegoren zusammengepresste War Music nach und nach einige wenige Szenen Preis, anhand derer man den wiederkäuenden Vorschlaghammer zumindest ansatzweise zu schätzen lernt. Natürlich nicht im eröffnenden REV001, das seinen so unsagbar banalen Rhythmus (ganz ehrlich: wie schwach ist die albumübergreifende Performance von David Sandström bereits hier?) und das zweckaffine Alternative Rock-Riff in eine zerfahrene Sackgasse manövriert, aus der auch der Reset in die bedingungslose Monotonie mit Sirenengeheul nicht führen kann, wenn die kreative Bankrotterklärung in hipper Belanglosigkeitunvermeidbar scheint.
Und auch die effektivere New Noise-Adaption Blood Red ist als zweite Vorabsingle kein Aushängeschild, da die schrammelnde Akustikgitarre zwar eine nett über den Tellerrand gemeinte Facette im Soundbild darstellt, doch der Song deswegen seine genormte potemkinsche Aggressivität nicht verändert und der Refrain dazu wie in zehn uninspirierten Sekunden hingerotzt klingt. Auch wenn es schon an der Substanz krankt, hätte das Album abseits seiner dilettantischen Schlagzeugarbeit einfach mehr Raum benötigt, um eine Bandbreite und Dynamik entfalten zu können, die War Music so einfach abgeht.
Doch ein I Wanna Watch The World Burn etwa greift mit seinem hingebungsvollen Gesang der Hook letztendlich durchaus, obgleich der Uff-Zack-Modus einmal mehr beweist, dass die Umsetzung der Ideen und Motive phasenweise einfach frustrierend stümperhaft ausgefallen ist. Violent Reaction kurbelt den Pit zwar nicht individueller an, hat dafür aber zumindest ein massiv headbangendes Slo-Mo-Finale im Metal. Am anderen Ende macht das ordentlich bolzende Turn the Cross mit mehr Tempo Druck. Auch Malfire könnte spätestens live funktionieren, holt aber schon jetzt mit seinem weicheren Gesang ab und selbst die Baukasten-Riffs erfüllen ihren Zweck. Es tut allgemein gut, wenn Death In Vännäs ein bisschen melodischen Kontrast in das Einerlei bringt und die minimalen Variation in den Shouts von The Infamous Left sorgen gar für erlösende Nuancen im Auftritt von Lyxzén – freilich zu billig auf Schlagwörter-Penetranz aus und auf die letzten Meter damit so plump ausgeführt, dass es ein bisschen wehtut. Vom punkig-thrashigen Metal-Anstieg in Economy Of Death bleibt dagegen kaum noch etwas hängen, obwohl die Ästhetik stimmt. Doch die Dynamik ist einfach zu sehr auf eine allgemeine Norm abgeflacht, die Amplituden sind irrelevant, es packt einfach nicht wirklich.
Und sicher könnte sich War Music billig aus der Affäre ziehen, weil man Refused selbst nach Freedom immer noch an ihren eigenen Standards misst – die eben ungemütlich hoch sind. Wenn eine Platte aber so dezidiert nichts mit Samthandschuhen zu tun haben will, muß man sie wohl auch wirklich nicht mit solchen aufwiegen: Welche Fanschichten Lyxzén hiermit zu beliefern glaubt bleibt deswegen offen – War Music ist wächst bestenfalls zur schwachen bis okaye Genre-Platte; einer mitunter beschämenden und vor allem bocköden Ergänzung der Refused-Diskografie.
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