Red Hot Chili Peppers – Return of the Dream Canteen
Wirklich notwendig schien ein (weiterer Doppelalbum-)Nachschlag aus den Comeback-Sessions der Red Hot Chili Peppers mit John Frusciante und Rick Rubin nach dem mediokren Unlimited Love ja nicht unbedingt. Aber hey – Return of the Dream Canteen ist eindeutig das bessere der beiden Werke!
In einem zweifachen Satz haben die Chili Willys mit Rückkehrer John in einem Kalenderjahr also nicht nur mehr Songs veröffentlicht, als in der gesamten Phase mit dem geschassten John Klinghoffer (nebenbei: sogar Hillel Slovaks Drei-Alben-Lauf wird mit dem Doppel-Doppel in knapp sechs Monaten beinahe ebenso überholt, Dave Navarros Ära sowieso), sondern ist abseits der Quantität nach 75 weiteren Minuten auch klar, warum die Band das bisher zurückgehaltene Material der Wiedervereinigungs-Sessions unbedingt zusätzlich in die Welt entlassen wollte ( – aber natürlich ebenso, warum der eigentliche Plan 40 Songs verteilt auf sieben Scheiben zu veröffentlichen schon aus marktwirtschaftlichem Gründen vereitelt wurde).
Dass die per se vernünftigste Lösung – ein kompakter gehaltenes Album, beschränkt auf die Highlights, ohne Länge – (diesmal) jedoch nicht alleine am bekannten Unvermögen der Peppers scheiterte, ihr vorhandenes Material dahingehend zu selektieren, dass etwaige Füller durch den Rost fallen (andere derartig beibehaltene klassische Traditionen bleiben beispielsweise die debilen Texte von Kiedis, der im Studio nicht mehr ohne Hilfsmittel auszukommen scheint, oder das Händchen für antiästhetisches Artwork), ist eigentlich eine gute Nachricht.
Denn das in Summe fraglos zu lange Return of the Dream Canteen hat im Grunde keine Ausfälle, pendelt sich ohne explizite Amplituden nach oben oder unten auf einem die Erwartungen übertreffenden, konstanten Niveau ein: qualitativ ist praktisch der gesamte Stoff höher einzuordnen als es bei Unlimited Love der Fall war.
Zwar fehlen auch diesmal die Instant-Hits und werden ein paar falsche Entscheidungen getroffen (warum etwa die nervtötenden „Jajajajaaa“s im wirklich tollen, catchy Opener Tippa My Tongue? Oder die lyrische Schaufenster-Banalität von La La La La La La La La, einer an sich so wunderbar atmosphärischen, balladesk entschleunigten Einkehr am Klavier in der Synth- und Bläser-Lounge? Konnte da wirklich niemand in der Band etwas auch nur ansatzweise gehaltvolles zusammenschustern?). Doch gibt es nun wieder weitaus mehr Ohrwürmer im Trademarksound, ist das Gesamtpaket zudem runder im Flow und mit einigen halbwegs erfrischenden Ideen ausgestattet – wie etwa dem 70s-Vibe im acoustic-lockeren Roulette, der minimalistisch zum 80er-Elektropop schielende Reduktion Pokerfa…My Cigarette oder dem rundum feinen Schlusspunkt In the Snow, der eben dort mit ätherischen Spoken Word-Ansätzen an Phil Collins und The Cure denkt.
Oder anders: War Unlimited Love die erschöpfende, solide, leider ziemlich blass bleibende Kompetenzbescheinigung auf gefühltem C-Seiten-Level der Californication/ By the Way-Phase, agiert dessen grundlegend funkiger ausgelegte Nachfolger nun kurzweiliger unterhaltend, lebendiger und schwungvoll auf B-Seiten-Klasse der konsenstauglichen Heydays.
Die immer noch ein wenig erdrückende Masse lässt so nichtsdestotrotz mehr Aufmerksamkeit zu, selbst wenn manche Songs eher auf sehr hübsche, angenehm melodische aber nebensächliche Weise begleiten. Wie das smooth plätschernde Peace and Love weich plätschernd Richtung Stadium Arcadium geht, das unaufdringlich aufbrausende Reach Out mitnimmt, und mit dem
locker aus der Hüfte kommenden Signature-Move Eddie abermals an alte Glanztaten erinnert, ist etwa ein starker Einstieg. Afterlife gibt sich verschmuster mit seinen subtilen Frusciante-Hintergrund-
Copperbelly ist gute Routine und steigt im Chorus motiviert aufs Pedal, derweil das bluesiger angelegte Carry Me Home eine schön wogende Melodie hofiert. Die beiden Funk-Stücke Fake as Fu@k (mit seinen dynamischen Wendungen) und Bella (mit seinem ziemlich okayen Chorus) wirken dagegen bis zum Bläser-Einsatz fast redundant mäandernd, ohne zu stören, schwächen den Gesamteindruck aber auch nicht: das Quartett spielt seine Stärken mit einer niemandem etwas schuldenden Kontinuität aus.
Als quasi (im besten Sinne zu verstehender) semi-essentieller Reigen läuft Return of the Dream Canteen schließlich wirklich angenehm nebenbei, lässt seine Hooks unverbindlich aber gekonnt hängen, und füllt den Red Hot Chili Peppers-Kanon mit einer so überzeugenden, flächendeckenden Zuverlässigkeit auf, wie Unlimited Love das so nur an der flüchtigen Oberfläche suggerieren konnte. Oder: das hier sind 17 mal mehr, mal weniger heiße Anwärter für die Best of the Rest Platte nach den Greatest Hits.
Tatsächlich kann man dem 13. Studioalbum der Kalifornier nämlich eigentlich nur vorwerfen, dass es keine wirkliche Euphorie erzeugt, kein Verlangen entwickelt, diesen 17 Songs unbedingt aktiv wiederholt begegnen zu wollen, der Reiz und die Sucht sind eher Wohlwollen. Daran scheitert dann auch knapp die Aufrundung zur nächsthöheren Wertung, womit diese fabelhafte Platte für die zweiten Reihe aber problemlos zufriedenstellt.
Kommentieren