Record Store Day 2014

by on 27. April 2014 in Sonstiges

Record Store Day 2014

Jack White veröffentlicht “the world’s fastest-released record“, Chuck D preist als offizieller Botschafter die Vorzüge lokaler Plattenläden während Ebay und Discogs nachwirkend wie gewohnt zum nimmermüden Geldgrab werden: auch am Record Store Day 2014 war wieder so einiges los. Exklusive Schätze reihen sich da an ernüchternde Enttäuschungen oder wenig notwendige Wiederveröffentlichungen an spannende Kollaborationsexperimente. Wie im letzten Jahr folgt an dieser Stelle der versuch sich durch das Dickicht an erwähnenswerten Releases zu kämpfen.

Record Store Day 2014 Kurzreviews: Teil 1 | Teil 2 |Teil 3 |

Foals - Live At The Royal Albert Hall  Foals – ‚Live At The Royal Albert Hall

Auf den ersten Blick ist ‚Live at the Royal Albert Hall‚ durchaus eine grandiose Sache: ein enorm schickes Artwork und eine tolle Songauswahl über alle drei Studioalben in mitreißender Soundqualität samt Downloadcode und stylishem Artwork. Auf den zweiten Blick hingegen ist diese Veröffentlichung allerdings vor allem eine leichtfertig vergebene Chance: das Ausgangsmaterial (aufgenommen im März 2013 in der in wenigen Minuten ausverkauften Royal Albert Hall) hierfür ist das selbe auf das der Ende letzten Jahres erschienene gleichnamige [amazon_link id=“B00F38SPM4″ target=“_blank“ ]Konzertfilm [/amazon_link] (bzw. auch die Special Edition von ‚Holy Fire‚) zurückgegriffen hat, was wiederum bedeutet, dass sich auf dieser 12″ praktisch nur ein Ausschnitt des kompletten Gigs findet. Die Spielzeit der schwarzen Scheibe ist damit ausgereizt, was ‚Live at the Royal Albert Hall‚ in gewisser Weise also regelrecht zu einer Veröffentlichung macht, die die (quantitativen) Grenzen von Vinylplatten aufzeigt. Man kann nur mutmaßen dass es sich bei der Limitierung auf 3000 Stück nicht rentiert hätte hierfür eine Doppel LP pressen zu lassen (wobei wieder: ist das der Sinn des Record Store Days sich zwischen preistreibendem Angebot und Nachfrage zu positionieren?). Dass allerdings auch der beigepackte Downloadcode nur 8 der ursprünglich 14 Songs (plus zwei absolut unnötige Remixe) ausspukt und durch das lästige Durcheinanderwürfeln der Setlist zwischen ‚Red Socks Pugie‚ und ‚Milk & Black Spiders‚ ein hässliches Fadeout entsteht ist einfach nur ärgerlich. Wer also in den Genuss von ‚Bad Habit‚, ‚Electric Bloomoder ‚Moon‚ kommen möchte wird hiervon enttäuscht weiterhin zur BluRay greifen müssen.05

R.E.M. – Unplugged 1991 & 2001 – The Complete Sessions  R.E.M. – ‚Unplugged 1991 & 2001 – The Complete Sessions

In die quantitativ komplett andere Richtung schlägt ‚Unplugged 1991 & 2001The Complete Sessions‚: auf vier Platten im sehr schicken Double Gatefold werden hier die beiden Unplugged Auftritte der 2011 aufgelösten Legende unglaublicherweise erstmals in voller Länge aufgelegt – was sich in über zwei Stunden Spielzeit respektive 33 Songs niederschlägt, von denen 11 bisher gar noch nie über den Äther gejagt wurden.
1991 sind R.E.M. Dank ‚Out of Time‚ mittendrin endgültig die größte Indieband des Planeten zu werden, die Setliste erstreckt sich aber über immerhin fünf der bis dahin erschienenen Alben. Die Frühphase der Band ist noch in greifbarer Nähe, Grazien wie ‚Perfect Circle‚, ‚Swan Swan H‚ oder ‚Fall on Me‚ schlicht traumhaft anmutig, unschuldig und locker aus dem Ärmel geschüttelt. Das Cover von ‚Love is All Around‚ mit Mike Mills am Mikro zum Sterben schön. Nicht nur der in der Studioversion verschandelte ‚Radio Song‚ setzt dabei auf einen souligen Orgelswing unter der Akustikaufarbeitung, Bill Berry reduziert sein Spiel auf Congas, Peter Holsapple übernimmt die zweite Gitarre.
Dezent reicher instrumentiert – Scott McCaughey und Ken Stringfellow sitzen am Piano, Joey Waronker an den Congas – ist dann Teil 2 der Zusammenstellung, der R.E.M. als längst etablierte Elder Statesman des Pop im Jahr 2001 zeigt, rund um das gerne unter Wert verkaufte 12. Studioalbum ‚Reveal‚, welches in der Setliste mit einigen Vertretern wie ‚All The Way To Reno (You’re Gonna Be A Star)‚, ‚I’ve Been High‚ oder ‚Imitation of Live‚ auch prominent vertreten ist. Darum herum lauter Konsenshits für die Ewigkeit (‚At My Most Beautiful‚ mit Beach Boys Harmonien, ‚Daysleeper‚, ‚Electrolite‚ oder als einzige Überschneidung mit der 1991er Performance auch ‚Losing my Religion und Klassikern  von insgesamt 8 Alben (ein zutiefst trauriges ‚So. Central Rain (I’m Sorry)‚ oder ‚The One I Love‚ etwa). Zum Niederknien! Das ist Indierock in Perfektion, in seinen besten Momenten schier magisch. Ab dem 20 Mai erscheinen die Sessions glücklicherweise auch auf CD und digital, denn die einstweilige Limitierung dieses Schatzes auf 2500 Vinylexemplare ist nichts anderes als grob fahrlässig.09

Various Artists - Sacred Bones Records presents Todo Muere Vol. 4  Various Artists – ‚Sacred Bones Records presents: Todo Muere Vol. 4

Die Record Store Day-Raritätensammlung von Sacred Bones geht in die vierte Runde. Nicht nur für Fans des stilsicheren Labels wieder ein Grund zur Freude. Allerdings  vertändelt die diesjährige Ausgabe von ‚Todo Muere‚ neben seinen exklusiven Highlights durch die etwas lieblos kuratierten, als reine Werbeträger herhaltenden rahmenden Songs aber die Möglichkeit zu einer tatsächlich spektakulären Compilation zu werden: Amen Dunes‚ ‚Lonely Richard‚ kennt man bereits vom superben ‚Love‚, das dem Lo-Fi abschwörende ‚Illume‚ hingegen ist eine reine Vorankündigungauf das kommende Lust for Youth Album ‚International‚. Das mach die Songs natürlich nicht weniger toll – aber eben unspektakulär und nicht ins Gefüge passend. Den Klassik-infizierten Elektropop ‚Vessel‚ von Zola Jesus auf die Compilation zu packen ist dann vor allem ein Dienst an all jenen Fans die nicht die europäische CD-Version ihr eigen nennen, der (Oskreuz Berlin RMX)-Remix von Föllakzoid’s ‚Pulsar‚ ist ansprechend aber nicht essentiell, dass man für ‚And Light Shines‚ nicht die Deluxe Edition von ‚The Big Dream‚ kaufen muss ist hingegen angenehm: David Lynch rezitiert mit nervender Stimme über einen monotonen Drumbeat – wer’s mag!
Im Mittelteil zieht ‚Todo Muere Vol. 4‚ die Zügel allerdings imposant an: ‚Kingdom‚ zeigt Pop. 1280 einmal mehr als Vertreter der harten, kalten Schiene des Industrial. Das Nick Cave-Cover ‚The Kindness of Strangers‚ hätte so auch direkt von Marissa Nadlers aktuellem, absolut wunderbaren ‚July‚ entnommen worden sein. Grandioser als in dendreieinhalb Minuten in denen Margaret Chardiet alias Pharmakon Nancy Sinatras ‚Bang Bang (My Baby Shot Me Down)‚ zwischen zugänglicher Schönheit und alptraumhafter Schieflage ins Gruselkabinett zieht wird die Compilation allerdings nie. Diese einzelnen Highlights alleine genügen allerdings eigentlich um auch ‚Vol. 4‚ zum Pflichtkauf zu machen.06

Jack White - Lazaretto  Jack White – ‚Lazaretto

Jack White, der Meister der Publicitystunts: rechtzeitig vor dem Release seines zweiten Soloalbums nimmt der 38 jährige „World’s Fastest Studio-To-Store Phonograph Record“ auf – von der Performance und Aufnahme bis die gepresste Platte in die Regale kam vergingen 3 Stunden, 55 Minuten und 21 Sekunden. Der Titeltrack des kommenden ‚Lazaretto‚ sowie die Adaption des Elvis Presley Geheimfavavoriten ‚Power of my Love‚ fügen sich als energische Bluesrocksongs mit leichter Countrynähe nahtlos in das bisherige Schaffen White’s, was Fans sowieso freuen wird und all jene die schon ‚Blunderbuss‚ ein wenig überschätzt fanden zumindest als souverän anerkennen könnten. Ein ordentliches Zielgruppenrelease also, zumal die Liversion von ‚Lazaretto‚ deutlich funkensprühender und spannender klingt als die Studioaufnahme. Die schönste Überraschung aus den Hause Third Man Records kommt dieser Tage dennoch von Neil Young.07

Green Day - Demolicious  Green Day – ‚Demolicious

Nachdem Green Day sich mit ihrer kurzweilig gemeinten Trilogie ‚¡Uno!‚, ‚¡Dos!‚ und ‚¡Tré!‚ absolut keinen Gefallen getan haben ist es freilich fraglich inwiefern selbst Hardcorefans diesen 17 Demo- bzw. Akustikversionen sowie dem bisher unveröffentlichten (an My Chemical Romance erinnernden)  ‚State of Shock‚ entgegengefiebert haben. 63 Minuten später weiß man, dass vollmundige Ankündigungen im Vorfeld („This is how ‚¡Uno!‘, ‚¡Dos!‘ and ‚¡Tré!‘ would have sounded if we were still on Lookout Records!“) zwar zu viel versprochen haben, ‚Demolicious‚ aber alleine deswegen deutlich besser als die drei Studiountaten ausgefallen ist, weil die grauenhaft glattpolierte Rob Cavallo Produktion einem dezent raueren und deutlich energischeren, nichtsdestotrotz sauber ausproduzierten Soundbild gewichen ist – abseits einzelner Gesprächsfetzen hinter einzelnen Songs sind die Demos in den meisten Fällen jedoch nicht eklatant grundverschieden zu den finalen Takes ausgefallen. Dennoch macht die überlange Veröffentlichung definitiv mehr Spaß als die verhunzten 2012er Versionen –  ungeachtet dessen dass trotzdem kein Songs auch nur ansatzweise ein Schwergewicht ist. Auch, weil die ärgsten Rohrkrepierer (‚Nightlife‚, ‚Kill The DJ‚,…) ausgespart wurden und mit der nötigen Konzentration aufs Wesentliche nie deutlicher war, dass die Trilogie vor allem als Befreiungsschlag vom Punkrockoperbombast des vorangegangenen Jahrzehnts gedacht war. Hier funktioniert das Unterfangen.05

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