Record Store Day 2013

von am 26. April 2013 in Sonstiges

Record Store Day 2013

Mittlerweile gefühltermaßen eher die Regel als die Ausnahme: der schier unüberblickbaren Schwemme an Veröffentlichungen zum alljährlichen Record Store Day begegnen einige Plattenläden bereits eingangs mit unverschämten Preisen, die finanziell zumeist freche Weiterverwertung via Ebay, Discogs und Co. ist dann der zusätzliche Faustschlag für Fanherzen und Brieftaschen. Hinter diesem fahlen Beigeschmack gab es aber auch dieses Jahr wieder zahlreiche Must-Haves, obskure Sammlerstücke und verzichtbare Veröffentlichungen zu ergattern. Der Record Store Day 2013 in augewählten Kurzbetrachtungen:

Record Store Day 2013 Kurzreviews: Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 |

The Xx - Jamie Xx Edits  The xx – ‚Jamie xx Edits

Dass Jamie Smith alias Jamie xx sein Handwerk als Produzent und Remixer versteht hat der gefragte The Xx Vorstand schon unzählige Male bewiesen. Dass ihm Songs seiner eigenen Band in der neuerlichen Bearbeitung dazu noch das Quäntchen geschmeidiger geraten als Fremdkompositionen führen die versammelten 12 Minuten hier vor. Der ‚Coexist‚-Hit ‚Sunset‚ wird zur ätherisch pumpenden Clubhymne mit treibendem Bass-Riff und massiv gepimpten Burial-Klacker-Beats umgearbeitet. Das auf selbigen, zweiten Studioalbum der Band als Bonustracks aufgefahrene ‚Reconsider‚ hat dann noch mehr schnipselnde Unter-Wasser-Beats und ändert seine sphärische Ausrichtung immer wieder. Damit ist ‚Reconsider (Jamie xx Edit)‚ weniger tanzbar und auch ein ansatzweise zerfahrener als ‚Sunset (Jamie xx Edit)‚, aber auch spannender. Nichtsdestotrotz ein gefundenes Fressen für 4000 derartig orientierte DJ’s. Die in klassischer The xx-Vinyl Manier gestanzte Hülle passt sich hingegen ohnedies optimal in die Sammlung ein.

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Iron and Wine - Next to Paradise  Iron & Wine – ‚Next to Paradise / Dirty Dream‘

Für Sam Beam bedeutet Resteverwertung nicht gleich Ausschussware zu verhökern. Eigentlich darf sogar die Frage im Raum stehen, weswegen ‚Next to Paradise‚ und ‚Dirty Dream‚ nicht etwaige schwächere Songs vom durchwegs gelungenen ‚Ghost on Ghost‚ ersetzen durften. Vielleicht, weil die limitierte Single auf jedwede offenkundige Jazz-Elemnte verzichtg. Wie auch immer: Mit ‚Dirty Dream‚ serviert Beam einen schmusigen Hotellounge-Walzer, tief romantisch mit dezentem Country-Touch und gefühlvollen 50s-Backing-Gospel-Chor. Ähnlich traumhaft schön davor ‚Next to Paradise‚: eine Pianoballade mit erhabenen Streichern und dank Beams betörender Stimme vor allzu latentem Kitsch geschützt. Anmutig erhabene Popmusik eben.

07

Titus Andronicus - Record Store Day  Titus Andronicus – ‚Record Store Day‘

Läuft unter dem Banner ‚Record Store Day‚-Ep, ist aber eigentlich – angesehen von dem Faktor, dass vor allem 2500 lokale Fans der Band aus New Jersey in den physischen Besitz der 7″ gelangen werden – rundum eine mehr oder minder „gewöhnliche“ Singlesuskoppelung. ‚Still Life with Hot Deuce and Silver Platter‚ ist bereits von ‚Local Business‚ bekannt und dort einer der besseren Tracks eines insgesamt eher beunruhigend schwächelnden Titus Andronicus-Albums. Auch die Gesellschaft auf ‚Record Store Day‚ ist nun keine überragende. ‚(I’ve Got A) Date Tonight‚ ist einer dieser unbefriedigend substanzlos auf Party machenden Rocker, die Titus Andronicus neuerdings schreiben, also mit viel „Nananana“ in die nächste Bar tuckernd. Trotz seines Jam-affinen Mittelteils eine einschläfernde Sause. ‚The Dog‚ ( mit Schlagzeuger Eric Harm am Mikro) macht seine Sache hingegen als luftig-punkiger Jogger in die 90er deutlich besser und rechtfertigt als waschechter Hit ‚Record Store Day‚ dann auch irgendwo im Alleingang. Den Flug nach New Jersey buchen dennoch nur hartgesottene Fanatiker.

05

Bob Dylan - Wigwam - Thirsty Boots  Bob Dylan – ‚Wigwam / Thirsty Boots‘

Gerüchteweise wird der kommende zehnte Teil der stets unwerfend guten ‚Bootleg Series‚ Material aus den Jahren 1969 bis 1973 sammeln, also ungefähr die heikle Phase von ‚Nashville Skyline‚, ‚Self Portrait‚, ‚New Morning‚, den Sessions für ‚Greatest Hits Vol. 2‚ und dem Soundtrack zu ‚Pat Garrett & Billy The Kid‚. Die hier versammelten 7 Minuten untermauern diese These, und sie tun es auf eine Art, die Euphorie nur schwerlich im Zaum halten kann. Der ‚Self Portrait‚-Song ‚Wigwam‚ ist hier als unveröffentlichte Demo vertreten und salopp gesagt um Welten besser als die Studioversion. Die von jeglicher Bob Johnson-Bläser Opulenz befreite Version stützt sich auf ein warmes Piano und zwei zurückhaltende Gitarren vor einem befreit intonierenden Dylan – und kommt damit ohne das Gestelzte, dick Auftragende der letztendlich veröffentlichten Aufnahme aus. Vielleicht sogar noch besser: ‚Thirsty Boots‚, eine Coverversion von Eric Andersen’s Folk-Balade aus dem Jahr 1966. Mundharmonika, Piano und leise Gitarrenklänge – mehr braucht ein zum Niederknien beseelter Dylan in Hochform nicht. Die (mittlerweile nicht mehr nur ein Gerücht) Tatsache, dass beiden in schlichter Verpackung daherkommenden Songs auch auf ‚The Bootleg Series, Vol. 10‚ enthalten sein werden macht diese Veröffentlichung zwar vollkommen obsolet (also: rein musikalisch darf man sich gerne auch die dreifache Punkteanzahl denken), die Vorfreude ob den kommenden Bootleg-Ausgaben steigt dennoch ins Unermessliche.

03

Brian Eno and Grizzly Bear – Lux - Sleeping Ute [Nicolas Jaar Remixes]  Brian Eno and Grizzly Bear – ‚Lux‚ / ‚Sleeping Ute‚ [Nicolas Jaar Remixes]

Reine Remix-Platten sind für Nicht-DJs meist so eine Sache und vor allem für Fans der Song-Urheber nicht immer restlos notwendig. Die Arbeit von Nicolas Jaar ist für Anhänger der Brooklyner Indie Meister Grizzly Bear und des Flughafen-Wartehallen-Musikers Brian Eno eine willkommene Abwechslung. Der seit ‚Space is Only Noise‚ neben James Blake als das Wunderkind der jungen Elektronik geltende Franzose weist sich nämlich einmal mehr als Meister seines Faches aus. Das Bob Dylan-Riff des ‚Shields‚-Openers ‚Sleeping Ute‚ inszeniert Jaar als vage schwebende Nebelerscheinung, aus der sich langsam eine behutsame Keyboardmelodie zu weben beginnt und schließlich sogar eine sorgsam zurückgenommene Rhythmik in den Song kriecht. So unwirklich wie absolut grandios. Dass Brian Enos ‚Lux‚ (hier mit 8 Minuten nur halb so kurz als jeder einzelne der vier ursprünglichen Albumtracks) dagegen beinahe unspektakuläre sphärisch in die Welten von Sigur Ròs abdriftet, wird dagegen wohl jeder langweilig finden, der bereits ‚Lux‚ als ereignislose Albient-Platte wahrgenommen hat.

07

Stephen Malkmus - Ege Bamyasi player by Stephen Malkmus and Friends  Stephen Malkmus – ‚Ege Bamyasi Played by Stephen Malkmus and Friends

Am 2. Dezember spielte der ehemalige Pavement-Vorstand Stephen Malkmus mit den Von Spar-Musikern Sebastian Blume (Synthesizers), Felix Heddrich (Bass), Jan Philipp Janzen (Drums) undPhillip Tielsch (Gitarre) das Can-Album ‚Ege Bamyasi‚ zur Feier dessen 40. Geburtstages am Kölner Week-End Fest in der alten Kranhalle live und am Stück. Ein musikalisches Fest, rundum: die um Malkmus ergänzte Band präsentiert sich in grandioser Spiellaune, Malkmus selbst als zu Witzen aufgelegter, inspirierter Leithammel. Die sechs Songs des Krautrock-Klassikers werden so an der schmalen Schnittmenge zwischen technisch versierter Ehrerbietung und mutiger Verinnerlichung zelebriert, der Sound ist zudem makellos. Abgerundet wird das musikalisch einwandfreie Werk durch eine rundum gelungene Aufmachung: grünes (3000 Stück für den US-Markt) bzw. rotes (500 Stück für Europa) Vinyl im faltbaren schwarzen Karton. Für Can-Anhänger ein feines Schmankerl, für Malkmus-Jünger und Von Spar-Hörer sowieso ein Muß. Und im Kontext des gefühltermaßen zu 99% aus austauschbaren Singles und Nachpressungen betsehenden Record Store Day eine kleine Sternstunde.

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