Quiet Commotion – All Others Strange
Der 14 jährige schwedische Wunderbub Daniel Katz erweitert das Indie Folk-Spektrum seines Our Quiet Commotion-Debütalbums Hallå, Kära Flod! mit All Others Strange – als hätte Elliott Smith unter der Regie von Alex G zwischen seine Microphones-Alben ein paar Guided by Voices-Platte geschummelt.
Sich nach dem bereits Ambitionen zur Stilerweiterung zeigenden Shoegaze-Zwischenspiel Static From Terrible Storm mit dem schnell kommenden Nachfolger seines Erstlings an Tendenzen des Lo-Fi-Indierock, slackerhafte Singer-Songwriter-Gefilden oder dem Bedroom Pop auszuprobieren, ist an sich schon eine gute Sache. Allerdings macht sie Our Quiet Commition neben ein paar Kinderkrankheiten auch anfälliger für Wachstumsschmerzen.
Allen voran hat kommen die (live absolut aufgewogenen) stimmlichen Limitierungen von Katz in einem variableren Kontext als dem wunderbar homogenen (und in Summe etwas besseren) Hallå, Kära Flod! markanter zu tragen. Seine immer eher hauchende, als leicht schiefe Schlaflieder der Melancholie gesungenen Intonationen zeigen wenig Spannweite, sind mitunter gleichförmig und eintönig. Dazu mäandern die Kompositionen strukturell, praktisch jede Nummer könnte gekürzt werden. So neigt All Others Strange über seine gesamte Spielzeit zum unterschwelligen Plätschern, anstatt die Spannungen aufrecht zu halten, oder knackig zum Punkt zu finden.
Paradoxerweise sind es so gerade die zwischen neuen Impulsen agierenden Heinspiele in der an sich angestammten Komfortzone, die so auch eine enervierende Ziellosigkeit an den Tag legen: das ruhig und behutsam agierende Elliott Smith-Worshipping Crows, das im Kern eine tolle Idee hat, aber ebenso fokusschwach auftritt wie The Fallrope, das bekümmert abgründige Trish oder 12:25, indem Katz sich still selbst begleitet.
Interessanter sind insofern jene Songs, die gewillt sind mehr auszuprobieren – geeint durch die Attitüde, den unperfekt leicht schräg aus dem Leim gehenden DIY-Sound, der bittersüßen Einsamkeit der Atmosphäre und den schwermütigen Noise-Schraffuren.
Dumb Things schrammelt locker wie von luftigen Sedative verwöhnt, wohingegen das nahtlose Doppel aus I Don’t Speak, Pt. 1 und Speak to Me, Pt. 2 erst eine Klavierballade mit Acoustic-Arrangements pflegt und dann wie eine simple Indietronica-Skizze im bescheidensten Gedenken an Neon Golden mit schrammender Gitarre immer rockiger anschwillt, bevor After the Pinch zurückgelehnt das Erbe von Mac DeMarco begutachtet.
Über allem steht jedoch das famose Duo Sun Leaves (Sonic Youth-verliebter Noise Pop in psychedelischerer Schieflage, in dem die E-Gitarren plingen und rampfen und brutzeln, während sparsame Percussion im Hintergrund arbeitet) und dem noch besseren Hit Bug Zapper, der als grandioser Zenit aller anvisierten Ambitionen wunderbar detailliert als hibbelige Kontemplation besticht – und eben auch den Rest der Platte merklich in den Schatten stellt: das also ist die aktuelle Leistungsgrenze dieses Wunderwuzzis!
In generell allen Nummer des Albums gibt es jedoch nichtsdestotrotz immer wieder einzelne Szenen, Textpassagen, Melodien, Hooks oder allgemeine Geistesblitze, die eindrucksvoll über der reinen Talentprobe aufhorchen lassen und verdeutlichen, dass Our Quiet Commotion die Spielwiese eines wahren Ausnahme-Rohdiamanten ist – dem vielleicht ein wenig externe kreative Reibung guttun würde, um sein (mit erstaunlichem Tempo auf eine immer breitere Basis wucherndes) Potential voll zu kanalisieren.
Deswegen fühlt sich die abschließende Punktevergabe (nicht nur aufgrund des Alters des Schweden) einerseits wirklich zu niedrig an – andererseits kann sie auch insofern verstanden werden, dass All Others Strange keinen Welpenschutz bei der Beurteilung nötig hat, jede Minute zeigt, dass Katz noch soviel besser werden wird: Hier reift schließlich mutmaßlich eine verdammt große Zukunftsaktie heran!
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