Queens Of The Stone Age – Villains

von am 4. September 2017 in Album

Queens Of The Stone Age – Villains

Man kann es Josh Homme kaum hoch genug anrechnen, dass er seine Queens of the Stone Age auch auf Studioalbum Nummer Sieben nach Relevanz und Veränderung streben lässt. Ob es die unumstritten richtige Entscheidung war, Villains mit Pop-Produzent Mark Ronson auf die Tanzfläche zu führen, ist freilich eine andere Frage.

Zumindest entpuppt sich das auf den ersten Blick irritierende Engagement des Uptown Funk-Megasellers und (unter anderem) Amy Winehouse-Spezis als womöglich ideale Wahl, um jene Phase der Queens of the Stone Age einzufangen, in der Homme wieder mehr Lebensfreude in seiner Musik destilliert, den Teufel im Nacken sitzen hat und derart viel neckischen Spaß an der Kurzweiligkeit zulässt, um seine Band schnurstracks zu einer relativen Partyplatte zu führen.
Eine Entwicklung, die mit prägenden Alben wie Post Pop Depression im unmittelbaren Rückspiegel gar nicht so abwegig scheint, nach der Ausrichtung des Vorgängers von 2013 nun allerdings durchaus wie ein unerwarteter – und auch unerwartet konsequenter – Befreiungsschlag klingt. Denn mit dem viele Fans versöhnenden, aus zahlreichen Schicksalsschlägen gespeisten …Like Clockwork hat Homme sich schließlich nicht nur persönlicher und dunkler als zuvor präsentiert, sondern rund um eine namhafte (und leidlich notwendige) Gästeliste sowie zahlreiche Hits aus der Wohlfühlzone zwar nicht alles richtig, aber zumindest kaum etwas falsch gemacht: …Like Clockwork war und ist eine sicher nach Hause gespielte Platte, die kontroversen Wagnissen oder polarisierenden Brüchen kaum Platz ließ, aber das Stammpublikum mehr oder minder ideal zu bedienen versuchte.

Diesen Komfort will sich Homme mit Villains nun merklich nicht wieder gönnen. Er fokussiert viel mehr auf sein gestiegenes Interesse an lasziv geschwungenen Hüften sowie blitzenden Discokugeln und vertraut ausnahmslos auf den Instinkt seine aktueller Bandformation (in der Bassist Shuhman nun mit herrlich groovenden Disco-Läufen glänzen darf, während Neuzugang Jon Theodore als einer der besten Drummer seiner Generation ernüchternd zweckdienlich zu arbeiten hat). Homme stellt also den Rhythmus in den Vordergrund und bedient eine latent über allem hängende Tanzbarkeit, singt dazu selbstbewusster, deutlicher im Fokus stehend denn je, und legt sich mit einer exaltierten Hingabe in croonende Pomaden.
Eine Ausrichtung, die so ja bereits nach der ersten Vorabsingle The Way You Used to Do ersichtlich schien: Ein vergleichsweise simpel gestrickter, aber sexy shakender Boogie-Hit für den Dancefloor, inklusive Handclaps und drahtigem Riff aus kratzig verzerrte Gitarren, eine hartnäckige Hookline wirft sich in stilvolle Posen und stößt stilistisch vor den Kopf, obgleich die Kernsignatur der Queens wie auf jeder Platte unverkennbar bleibt.
Die generelle Gangart von Villains hat dieser im etwas zu beliebigen Windschatten der Eagles of Death Metal flirtende Ohrwurm nun allerdings nur bedingt vorweggenommen, denn derart aufdringlich servieren die Queens of the Stone Age das restliche Gefüge der insgesamt 49 Minuten nicht immer.

Irgendwo zwischen der maschinellen Robotergestik des selbstbetitelten Debüts und den ohne Psychosen auskommendenden Ausläufern der Era Vulgaris hat Homme weitschweifend aus der Wüste hinausgewanderte Kompositionen verfasst, in deren Kontext das schmissige The Way You Used to Do übrigens deutlich besser funktioniert, als für sich stehend. Weil klar wird, dass Homme mit seinem Songwriting durchaus adäquat (im positiven, wie weniger schmeichelhaften Sinne) der trockenen Ästhetik von Ronson entgegenkommt, das Klangbild für eine erfreulich subtil mit Synthies schwanger gehende Palette frei räumt und der sauberen, phasenweise gar frustrierend sterilen Produktion nicht nur gönnerhaft gestattet, seinen stromlinienförmigen Style zumeist über den Inhalt zu stellen, sondern dem Sound sogar zugesteht, die Kompositionen über einige Passagen gänzlich tragen zu müssen – ein Pyrrhussieg für Villains.
Denn wo der Überraschungseffekt sich bald legt und man danach den Druck und Biss in der Produktion vermisst, während der zahme Mix das Instrumentarium kaum angriffslustig werden lässt, wiegt auch das Ausgangsmaterial die Mankos der Inszenierung nicht restlos auf. Da können sich die meisten Songs noch so sehr an einer zugänglichen Ungemütlichkeit winden, um nur ja nicht zu glatt verdaulich anbiedernd zu werden, beispielsweise The Evil Has Landed als über funky Orgeln Haken schlagender Twister hinten raus noch so demonstrativ auf das Gaspedal steigen: Für instinktiv zupackende Ausbrüche der einst durchaus gefährlichen Band ist im Jahr 13  nach Oliveri kein Platz mehr, auch wenn die Spannungskurve noch so eng gezogen wird.

Villains vertändelt sich so immer wieder in Passagen, die Gefahr laufen über ihre eigene Substanz gedehnt hinausplätschern. Selbst dort bleibt die Platte zumindest  oberflächlich unterhaltsam, geht dann aber eben kaum in die Tiefe und lässt tatsächliche Emotionalität über weite Strecken missen. Die Queens pendeln so ohne tatsächlichen Ausfall zwischen souveränen Dienstleisternummern und rundum überzeugenden Qualitäts-Songs, die zumindest ansatzweise in die Nähe vergangener Glanztaten kommen: Feet Don’t Fail Me ist etwa gleich ein furios aufbauender Opener, bounct wuchtig drückend und überschwänglich gurgelnd, streunt später mit dissonanten Gitarren und sinister funkelnden Keyboards tatsächlich zwischen Franz Ferdinand und Them Crooked Vulturesauch Domesticated Animals agiert als abgehakt groovender Robot Rock, der sich hinten raus dramatisch beschwörend verdichtet. Hier arbeitet die Band kompositorisch vielleicht am deutlichsten nach typischen Queens-Mustern, liefert auch im neuen Gewand routiniert ab, doch entlädt sich die so erzeugte Spannungen bis zu seinem fast schon giftig keifenden Finale gerade auch dadurch zielführender als in einem Gros der restlichen Songs.
Ähnlich vertraut auch der im Grunde auf Nummer Sicher gehende Habitus von Fortress: Sensibel und friedfertig inszenieren die Queens hier eine Schwelgerei, die mit einer angenehmen Schönheit belohnt, eine nett treibende Rock-Ballade. Noch einnehmender gerät das melancholische Villains of Circumstance, das als toller Closer behutsam gewachsen in einem gelösten Cinemascope-Reigen aufgeht, der sich bis zu einem in viele Richtungen schwingenden Abspann hangelt. Spätestens anhand dieses Highlights wird jedoch auch deutlich, dass Villains hinter denMöglichkeiten des eigentlich erweiterten Horizontes zurückbleibt, unterbewusst stets das Gefühl weckt, als wären Möglichkeiten nicht ausgeschöpft und Potential liegen gelassen worden.

Head Like a Haunted House kurbelt zur Mitte des Albums beispielsweise ordentlich an. Die aufgedrehte Coyoten-Hatz mit nervös angetriebenen Gitarren und verhalten hysterischen Backgroundstimmen, wirkt ein bisschen so, als hätten die Queens eine verspätete Adaption zum hektisch laufenden Mister Mental-Video von The Eighties Matchbox B-Line Desaster eingespielt, dem allerdings der dünne Sound einen Strich durch die Rechnung machen will. Die theoretisch vorhandenen PS der Nummer werden nur bedingt auf den Boden gebracht. Und rgendein Manko lässt praktisch jeden Song der Platte schwächeln, mal mehr, mal weniger.
Das feine Un-Reborn Again will etwa nicht ganz in den Trott kommen und verlässt sich auf einen zu konventionellen Refrain, dazu können Streicher und Bläser hinten raus kaum kaschieren, dass ein Geistesblitz als nötiger letzter Impuls im selbstzufriedenen Songwriting fehlt, vor allem auf eine Länge von knapp sieben Minuten. Obgleich deutlich kürzer geraten, fällt die Laufzeit fällt auch dem Monster-Zeitlupen-Shuffle Hideaway in den Rücken, der nach und nach fahrig zu werden beginnt – ein wenig mehr Stringenz würde jeder Nummer hier übrigens nicht schaden.
Womöglich spielt diese beständige Diskrepanz am Ende jedoch ohnedies nur eine untergeordnete Rolle, weil Villains derartig zackig deklariert weniger eine Platte der Nachhaltigkeit geworden ist, als vielmehr eine, die das Momentum feiert und merklich Spaß an seiner Ungezwungenheit hat – und diesen bis zu einem gewissen Grad, gerade in der unkomplizierteren ersten Plattenhälfe, auch durchaus effektiv auf den Hörer überträgt.
Man muss sich nicht auf die Platte einlassen, sie holt einen gefällig aus dem Hintergrund ab und geht gut in die Beine. Doch wo das Erscheinungsbild den Aktionsradius beschränkt (und umgekehrt), spürt man instinktiv, dass die Faszination für diese neue Ungezwungenheit alsbald verfliegen dürfte. Und was für andere Bands locker reichen würde, reicht im Queens-Kosmos dann eben doch nicht für die anvisierte Euphorie.
Gut möglich also, dass ein anderer Produzent das ambivalente Villains vielschichtiger inszeniert hätte; die Platte über die spannende Kippe hätte treten können, die Homme vielleicht zusätzlich zu den Expertisen seines neuen Produzenten ins Auge fassen hätte dürfen. Was man Ronson jedoch auch so zu Gute halten muss ist, dass die Queens of the Stone Age durch seine Mithilfe ihre weiterhin ausfallfreie Discografie durchaus erfrischend durchlüften. Und mehr noch ganz grundsätzlich unberechenbar bleiben. Das alleine wäre schön mehr, als die meisten andere Kombos dieses Kalibers von sich im 21. Bandjahr behaupten können.

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