Qrixkuor – Poison Palinopsia
Elf Jahre nach ihrer Gründung (und vier bisher veröffentlichten EPs/Demos) haben Qrixkuor aus London ihr Debütalbum fertiggestellt: Poison Palinopsia beherbergt zwei jeweils 24 minütige Death-Leviathane.
Zeit ist also ein relevanter Faktor der Platte, der Fokus der Aufmerksamkeit aber subjektiv noch weitaus wichtiger: Die desorientierenden, strukturoffenen Mahlströme der beiden überlangen, labyrinthischen Klangwelten funktionieren eher über einen passiven Zugang, als umspülender Klangtapete in hypnotischer Trance, wie ein deathmetallischer Ambient-Score, während abseits der instinktiven Wahrnehmung schnell auch ein Gefühl des willkürlichen Bewusstseinsstroms entstehen kann. Die Absichten hinter Poison Palinopsia bleiben dabei (nicht nur theoretisch) erkennbar und fesseln im Versuch der erschöpfenden Konsequenz auch (praktisch) durchaus, dennoch verkommt die Umsetzung immer wieder zu einer indifferenten, emotional zu gleichförmigen Masse, die bei aktiver Zuwendung mangels nachvollziehbarer Spannungsbögen oder klarer kompositioneller Formen auf einen die Geduld strapazierenden Durchzug schalten lassen kann.
Zumindest Serpentine Susurrus – Mother’s Abomination, dem schwächeren der beiden Monolithen, schadet der analytische Blick, der sich an klaren Schemen und Ideen festhalten will.
Ein weit entferntes Kriegs-Orchester eröffnet dort den Einstieg als bedrohlicher Score samt unheilschwangerem Chor, Streichern und Bläser – bevor der avantgardistische Death in seinen schwarz gefärbten Tendenzen in das Geschehen bricht: Eine weniger chaotische, als vielmehr impulsive Kaskade aus so dissonanten wie epischen Figuren. Röchelnd und röhrend bleibt das giftige Gebrüll zweckdienlich, auch die Drums arbeiten (erstaunlich) ohne Ambition am Gestaltungspotential, aber mit viel Effektivität im sumpfigen, wenige Amplituden zulassenden und in der atmosphärischen Dichte polarisieren könnenden Sound von Greg Chandler, der dem finster funkelnden Wendebalg einen herrlich rohen Anstrich verpasst.
In welcher Liga die erfahrenen Musiker von Qrixkuor agieren, wird jedoch erst nach rund sechs Minuten deutlich, wenn die Platte einen Gang nach oben schaltet und zu einem furiosen Rausch mutiert. Vor allem die schlicht schwindelerregenden Gitarren hängen abseits der Ästhetik und des Klangbildes alle Ingredienzien (und eigentlich auch die Summe der Teile) ab, impfen dem an sich wenig aufregenden Rezept eine anfixende Grundzutat ein, die infektiös fesselt. Alleine dieses Element rechtfertigt, sich in Poison Palinopsia verlieren zu wollen.
Trotzdem wäre hier einfach noch so viel mehr möglich gewesen, wenn mal Facetten des Noiserock hämmern, die Psychedelik kurz greifbar scheint, ambienter Horror sich ankündigt, oppulent-barrocker Okkultismus, martialisches Volumen oder hymnischer gniedelnde Nuancen angedeutet werden – nichts davon aber markanter forciert wird, sondern alle diese Möglichkeiten als vage Schattierungen im grundlegenden Death-Geschwür assimiliert werden, ohne tatsächlich solche gravierenden Konturen setzen zu dürfen, die eine gewisse Monotonie und Gleichförmigkeit abwechslungsreicher und spannender gestalten hätten können.
Dass Qrixkuor aber auch so keineswegs auf dem falschen Weg sind, zeigt sich spätestens im heavier und doomiger augelegten Recrudescent Malevolence – Mother’s Illumination, das seine halluzinogene Wirkung mit mehr Druck und gefühlter Stringenz inszeniert, trotz gedrosselterer Passagen kaum Längen kennt, weil die Briten in einem packenden Zug nach vorne hier nicht mäandern. Das Ziel ist insofern vielleicht nicht klar erkennbar, aber vielleicht auch deswegen, weil es gar nicht mit geöffneten Augen erkannt werden will.
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