Pulled Apart By Horses – Tough Love

von am 15. Februar 2012 in Album

Pulled Apart By Horses – Tough Love

Stell dir vor, eine Horde Gremlins kommt in deine Stadt, und die kleinen Archomonster gründen während des Brandschatzens eine Popband, die nur Hardcore beherrscht. Und auf ihrem zweiten Alben ihr Treiben das fröhliche Gemetzel mit Ohrwurmgarantie perfektioniert.

Zu stürmisch, um das nur wild zu nennen, und zu konsequent, um ziellos chaotisch zu sein. Da purzeln nicht nur auf Geratewohl Refrains und Riffs in einen Song und wieder zurück, sondern gleich Ahnungen von mehreren Genres. Screamo-Geschrei und beachtliches Melodievertändnis aus dem Pop, Hardrockriffs und das Blut zahlreicher schweißtreibender Hardcore-Shows vermengt mit handfestem Alternative Rock und zutraulichem Post-Hardcore. Das Bein am Gaspedal festgetackert und selbst aus dem ausgebrannten Wrack noch die Partyflagge hochhalten. ‚Tough Love‚ ist wieder so ein bunter Hund unter all den bierernsten Metalbands da draußen geworden, der fehlenden Tiefgang mit aufgetürmten Unterhaltungswert wettmacht, ohne stupid zu werden. All die Griffbrettabfahrten und Hooks wollen ja erst einmal so angeordnet werden, dass es wie die simpelste Sache der Welt scheint, permanent Hacken zu schlagen. Die vier Jungs aus Leeds aben alle Differenzen über Bord geworfen und sich selbst gleich mit: ‚Tough Love‚ macht dort weiter, wo ‚Pulled Apart by Horses‚ 2010 aufgehört hat – nur eben einen Hauch zwingender, ausgefeilter, hibbeliger, nachdrücklicher: besser.

Zum Durchatmen bleibt freilich noch immer keine Zeit. Obwohl man diesmal keine Gassenhauer Songtitel wie ‚I’ve Got a Guest List to Rory O’Hara’s Suicide‚ oder ‚I Punched a Lion In the Throat‚ durchkauen muss. Diese Flausen hat Starproduzent Gil Norton (u.a. Foo Fighters, The Strokes, Jimmy Eat World) dem überdrehten Haufen ausgetrieben. Geblieben ist die Liebe zu grenzdebilen Videos und hirnrissigen Texten. „When I was a Kid, I was a dick/ but nothings ever changes“ kreischt Frontbürste Tom Hudson in ‚Wolf Hand‚ hysterisch, während seine Kumpanen schon vor der nächsten Abzweigung Richtung Chorus durch die Leitplanke donnern. Damit platzen sie wieder ein bisschen in das Loch, dass The Blood Brothers hinterlassen haben, ohne die Intention, es auch zu füllen. Weil es immer zurechtgestylte Kids im Pit von Billy Talent geben wird, denen die Sache zu zahm geworden ist.

Die schlagen dann zu ‚Degeneration Game‚ oder dem schon beinahe unbegreiflich eingängige Riffmonster ‚Shake Off the Curse‚ wie wild um sich, obwohl eigentlich ‚V.E.N.O.M.‚ die erste Single ist – es hätte aber ja auch so gut wie jeder andere Song hier sein können. Wird wahrscheinlich ja noch kommen. Zu Recht. ‚Tough Love‘ brettert in knapp einer halben Stunde durch all seine Hits, zum Bestaunen dieser bleibt bei der vorhandenen Reizüberflutung kaum Zeit. Also noch ein Durchgang. Und noch einer. Ist ja wirklich alles verdammt knackig auf den Punkt gespielt. Und eine Liebe, die nicht schmerzt, sondern aufgkratzt. Die Lust an harter Musik transportiert.
Puristen dürfen sich da ruhig weiterhin über diesen tollwütigen Pop, diesen Bubblegum Hardcore alterieren. Pulled Apart by Horses wuchten ihnen vorsorglich ein enstprechend buntes Cover samt Kätzchen, das was auf die Mütze kriegt entgegen. Im stillen Wissen, dass auch Grinsekatzen die Wall of Death machen können.

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