Puddle of Mudd – Welcome to Galvania

von am 28. September 2019 in Album

Puddle of Mudd – Welcome to Galvania

Wes Scantlin kriegt mit Welcome to Galvania überraschend die Kurve und legt mit dem ersten Puddle of Mudd-Album seit knapp einem Jahrzehnt sogar die an sich beste Veröffentlichung der neu besetzten Band seit dem (nominellen) Debüt Come Clean vor.

Das uninspirierte Re:(disc)overed von 2011 sowie etwaige Alkoholexzesse und Live-Demütigungen ohnedies außen vor lassend, ist dies freilich eine relative Comeback-Krönung – immerhin hat der rehabilitierte Scantlin seine Band nach dem Durchbruch mit Come Clean im Jahr 2001 auf Tonträger ja keineswegs mit Ruhm bekleckert.
Und in Summe stimmt es natürlich auch auf Welcome to Galvania bezogen: Man kennt all die abgedroschenen Riffs und breitbeinigen Posen aus der Wühlkiste. Alle Songs enden, wo sie begonnen haben und haben keine Überraschungen, Wendungen oder Genieblitze parat. Sie sind formelhaft nach dem Einmaleins des Formatradio-Triumphirats aus Post-Grunge, Alternative und Hard Rock gebastelt.

Doch abseits des leider unnötig grauenhaften Mixes und der fragwürdig penetranten Produktion (als die zwei gravierendsten Kritikpunkte) funktionieren die zehn Standards rundum effektiv und über den Erwartungen, liefern für Fans weitestgehend gelungene, weil durchaus authentisch und kaum kalkuliert wirkende Puddle of Mudd-Routinearbeiten mit erfreulich motiviertem Unterton, die gleich mit der Eröffnungsphase an Bord der Komfortzone holen.
You Don’t Know werkelt mit einem zutiefst typischen Riff, ist fett und nach 0815-Schema auch schnell vergessen, aber knackig und prägnant. Go to Hell köchelt mit dezentem Country-Flair die Bratpfanne hoch und Diseased Almost ist als potente Single ohnedies ein flott angetriebenes Highlight, den Verstärker immer wieder elektrifizierend aufdrehend.

Überhaupt gibt es mit dem billigen Uh Oh nur einen eklatanten Ausfall. Hier klingen Puddle of Mudd, als hätten sie den unangenehmen Versuch gewagt, mit der Brechstange einen poppigen Beitrag für einen 90er-Highschool- Klamauk zu erzwingen – keineswegs repräsentativ für den Ton der restlichen Platte. Dass sich die verdammt catchy (!) Nummer hinten raus bis zum Erbrechen wiederholt, ist dann schon eher symptomatisch für Welcome to Galvania, dem hinten raus ein wenig die Luft ausgeht.
Sunshine hinterlässt als austauschbare Fließbandware mit angenehm durchgelüfteter Bridge keinen bleibenden Eindruck, doch erst Kiss It All Goodbye kann dann mit der leicht zu durchschauenden Eindimensionalität des Malan-nach-Zahlen-Prozederes ermüden, sogar unangenehm nerven.

Mag auch ganz allgemein wenig mittelfristig hängen bleiben, überzeugen Puddle of Mudd mit dem Momentum auf ihrer Seite jedoch vor allem in den balladeskeren Augenblicken der kurzweiligen Platte.
Über allem steht das harmonisch-anschmiegsame My Kind of Crazy, irgendwo zwischen Soul Asylum, Guns N‘ Roses und Nickelback, bevor sich das halbakustische Time of Our Lives ähnlich versöhnlich zurücklehnt. Zwar kann auch diese Gangart durchaus langweilen, wie Just Tell Me selbst beim beherzt-vorhersehbaren Tritt auf das halbgare Verstärkerpedal vorführt.
Doch spätestens wenn der starke Closer Slide Away seriös auf Stadion-Ebene die große Geste sucht und findet, ist Welcome to Galvania der vielleicht bestmögliche Grund, um selbst der skandalverschrieenen Liveband Puddle of Mudd wieder eine Chance zu geben, ohne auf alte Gassenhauer zu bestehen.

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