Protomartyr – Formal Growth in the Desert
Protomartyr und ein Luxus-Problem: Mit Formal Growth In The Desert hat die Band zwar wieder einen starken Grower von einem Album aufgenommen – der aber auch an der simplen Tatsache krankt, seine(n) Vorgänger nicht zu übertreffen.
Genau das ist auf dem Weg bis zu diesem Sechstwerk – von No Passion All Technique (2012) zu Under Color of Official Right (2014) zu The Agent Intellect (2015) zu Relatives in Descent (2017) zu Ultimate Success Today (2020) – stets passiert.
Dass Formal Growth in the Desert dieser Coup nun nicht gelingt, kann auf den Erstkontakt schon ernüchtern. Waren die Sorgen hinter dem überragenden Worm in Heaven vor zwei Jahren noch groß, dass die Band einen Schlussstrich unter ihre Karriere ziehen könnte, muß man sich nun allerdings dennoch keine Gedanken darüber machen, ob Protomartyr hinter ihrem Zenit gach der Redundanz anheim gefallen seien – denn dafür ist Formal Growth in the Desert (gerade mit ein wenig zugestandener Wachstumszeit) einfach zu gut, zumal die kompakte Form von nur 38 Minuten Spielzeit eine prägnant zwingende Direktheit schafft, der Fluss und die Dynamik variabel sitzen, der Zugang ebenso leicht fällt, wie der anziehende Wiederspielwert hoch ist.
Stichwort-Titel Worm in Heaven: Was Formal Growth in the Desert jedoch im direkten Vergleich zu seinen Vorgängern fehlt, sind die absoluten Übersongs, die Protomartyr bisher noch auf jedem Album untergebracht hatten.
(Wiewohl: das polternd aus der Afterlife-Resignation aufbegehrende Make Way, das Gareth Liddiard’eske in meditativer Kontemplations-Transzendenz ätherischen aufgelöste Let’s Tip the Creator, das eine erlösende Melodik addierende Polacrilex Kid und vor allem die fantastische, viel Klasse und Aufbruchstimmung zeigende Schlußphase mit We Know the Rats, The Author und dem aus der apokalyptischen Tendenz wachgeküsst erlösenden Rain Garden sind verdammt knapp dran, sich als Instant-Highlights anzubieten.)
Außerdem verpuffen potentielle Hochkaräter wie das nicht zum Punkt findende Graft vs. Host oder Fun in Hi Skool, das zappelnd sinister lauernd mit einer nölenden Hook der Extraklasse auftrumpft, „nur“ als sehr gute Standards, weil das Aufbegehren keinen erschöpfenden Klimax erzwingt.
Was im Falle des so sportlich catchy joggenden For Tomorrow mit seinen angedeuteten Synth-Texturen, dem mit latenter Psychedelik stacksenden Groover Elimination Dances oder dem Wave-Knubbel 3800 Tigers freilich Jammern auf hohem Niveau ist – denn nur das nicht einmal zweiminütige Fulfillment Center wirkt wie enervierende Skizze einer erschöpften Formel und steht doch ein bisschen exemplarisch dafür, dass Protomartyr dad vorhandenen Material diesmal nicht bis zur erwarteteten neuerlichen Großtat provoziert haben.
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