Primus – Conspiranoid
Fünf Jahre nach dem ernüchternden, sehr kurzen The Desaturating Seven verweilen Primus in einer ambivalenten Phase ihrer Karriere – die durch den Quasi-Titelsong der Conspiranoid EP auch mit dem bisher längsten Song der Band-Historie markiert wird.
Les Claypool bleibt derzeit wie schon bei seiner grottigen Allstar-Zusammenkunft politisch aktiv wie selten, wobei die kaum subversiven Vorschlaghammer-Plattitüden von Conspiranoia selbst für loyale Anhänger einen nicht ganz schwindelfreien Seiltanz zum traurigen Amüsement der Real-Satire vollführen: „Marion Barrion, contrarian/ Felt Dr. Tony was selling her lies/ So to keep from getting the big bad flu/ She sprinkled cat urine into her eyes/ With garlic cloves in her nostrils/ And drier sheets taped to her head/ Marion Barrion, contrarian/ Is now stinking up a hospital bed“. (Wie faszinierend es grundlegend ist, dass ein exzentrischer Typ wie Claypool derart, nun ja, geerdete Ansichten hat, sei an dieser Stelle nur mal dahingestellt).
Kaum weniger polarisierend die Musik dahinter, die für den Kniff ein „long, winding, bastard of a song“ zu werden aber genau genommen die Taschenspielertricks auspackt.
Zwar reißt Conspiranoia das Ruder zwischen super prägnant frickelnden Bass im galoppierenden Tempo und einer zurückgelehnten Funk-Reverb-Zeitlupe im Suspense-Space-Delirium extrem kontrastreich umher, stackst militärisch, halluzinogen und pointiert bis zu Solo Exzess – doch eigentlich ist das gar nicht so progressiv monolithisch strukturiert, wie es erst (auch wegen der elaborierten Spielzeit von 12 Minuten) wirken kann: Tatsächlich reiht das Trio die unterschiedlich in Sachen Dynamik und Geschwindigkeiten variierten Segmente fast schon in St. Anger-Style geloopt aneinander und spendiert dazu einen langen, Verschwörungstheorie-
Der Rest kann da nicht mithalten. Das aus der Mottenkiste geholte Follow the Fool wirkt zwischen stoischer Reduktion und loslassendem Groove enervierend ziellos, derweil das neue Erin On The Side Of Caution oszillierend am experimentellen Art Rock zuckt, methodisch verzahnt und trotzdem spastisch, dabei aber nicht nicht zum Punkt findet. Es fehlt einfach der finale Weirdo-Punch, den Primus früher quasi selbstverständlich auspackten. Aber gut: wenn wir vom soliden Standard-Niveau im so unvergleichlichen Primus-Maßstab sprechen, sind wir immer noch auf einem Level, in dessen Höhe sich niemand sonst bewegt. Insofern braucht man hinter der Fanbrille gar kein Auge zuzudrücken, um mit Conspiranoid auch ohne Begeisterung absolut zufrieden zu sein.
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