Preoccupations – Arrangements

von am 2. Oktober 2022 in Album

Preoccupations – Arrangements

Die mit viereinhalb Jahren längste Pause zwischen zwei Langspielern haben Preoccupations genutzt, um die ihren Postpunk zugänglicher gestaltende Seite von New Material auf Arrangements mit einem Mehr an Shoegaze-, Goth- und The Cure-Elementen an ihre Frühphase heranzuführen.

Die immer schon ein Talent für die archaische Simplizität absolut treffsicherer Albumtitel habenden Kanadier machen es ihren Fans damit jedoch nur in der Single Ricochet fast zu einfach, wo die Band um die markante Stimme von Matt Flegel die Saiten mit viel Drive in einen nostalgische perlenden Grandezza rund um die Smiths legt, die Vocals in einem wieder nihilistisch-pessimistischer gewordenen Hall einen ebenso reibungslos wie effektiv gestrickten Refrain servieren, der einen unbedingten Ohrwurm ergibt, wie Interpol ihn so schon lange nicht mehr geschrieben haben, derweil die Synthies optimistischer funkeln dürfen und die Bridge die an sich sehr simple Struktur der Nummer zur halluzinogenen Wanderung schickt.
Ein bisschen Baukasten ist das schon, aber halt auch erfolgreich in seinen Zielen fokussiert, dazu den Reiz einer Band aufwärmend, zu der man seit 2018 rückblickend vielleicht erstaunlich selten zurückgekehrt ist.

Das Drumherum ist vielleicht weniger hartnäckig in den Gehörgängen hängen bleibend als die Hook von Ricochet, aber ästhetisch in bester Preoccupations-Manier fesselnd und dazu auch als schlüssiges (durch zurückgekommene Drone-Ambient-Outros Verbundes) Ganzes auf einem konstanten Niveau angelegt – die zuletzt gefundene Zugänglichkeit quasi mit frischen Perspektiven artikulierend in eine wurzelbewusste Umgebung bettend.
Fix Bayonets! (alleine wie expressionistish diese Titelwahl eigentlich ist!) schwingt seinen typischen 80er-Post-Punk-Sound mit nautischem The Cure-Bass in eine bisher bei der Band so noch nicht derart klar gehörte 00er-Indie-Hymnik auf, wie sie etwa vor allem die Editors auf ihrem ersten Album zeigten, derweil die zackige Strenge der Drums unter den atmosphärischen Flächen der Gitarren und dem entrückten Gesang in den fuzzy Texturen des Reverb sich an Viet Cong erinnert, bevor das Finale des darkwavigen Openers zu David Bowie schielt.

Auch der Closer Tearing Up the Grass stampft mit ätherisch-pastoraler Geduld zum Bowie-Gestus und schließt damit nicht nur kohärent den Kreis der Platte, sondern beendet die Rückkehr der Gruppe auch beinahe mit einer kleinen Sternstunde der Preoccupations‘schen Diskografie, wenn sich das Quartett endlich hingebungsvoller in seine Sehnsucht lehnt, wenngleich die Distanz im konzentrierten Strom zum harmonisch schunkelnden, erhebenden Background-Gesang nicht ganz hinter sich gelassen wird: ein bisschen bleibt selbst hier der Eindruck zurück, dass der Gruppe (auf Arrangements im Ganzen) der finale Schritt zur Überwältigung nicht gelingen will; tolle Songs nicht in letzter Konsequenz zu überragenden werden.
Slowly pocht beispielsweise zuckend mit seinem Oceanic-Tieftöner zwischen Goth und Pop, die Aufbruchstimmung löst sich immer wieder in das dystopische Panorama einer in Anmut einwirkenden Megalomanie auf, doch kippt die Nummer dann zurück in den Ambient, ohne aber einen wirklich überwältigenden Klimax geschaffen zu haben.

Death of Melody poltert in heroischer Melancholie, singt auf einer Abwärtsspirale vom Tod der Melodie und „The best version of myself/ Is nothing to write home about“ – was so nicht stimmt, wenn die Band wie eine dunkle, archaische Alternative zu den Foals auftritt, die atonale Schieflage aber nicht kompromisslos genug forciert und im letzten Drittel zwar die Zügel angezogen werden, doch die Stimme immer eine gewisse Lethargie beimengen wird.
Advisor beginnt als schamanistische Schellen-Spiritualität, als kontemplativ neugieriger Score mit kammermusikalischer Tendenz und schwelgend avantgardistisch, einer Laissez-faire-Haltung im dunkel funkelnden Groove, der trotz eines vagen aufbäumend am Ende gemütlich verträumt bleibt. Und das nebulöse Recalibrate hämmert am Post-Industrial, editiert dann im astraler Space Rock-Kraut zu kristallinen Synth-Klangflächen, und macht dabei eben nichts falsch, kann aber – was gerade angesichts der relativ langen Zeit ohne neues Preoccupations-Material ein wenig ernüchternd ist – einfach keine Begeisterung entfachen. Arrangements ist insofern – als eklektisch arrangierende Symbiose alter, mittlerer und neuer Perspektiven – aber womöglich  halt auch insofern zu verstehen, als dass es damit aussöhnt, in der Band eine gewisse unspektakuläre Zuverlässigkeit schätzen zu lernen.

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