Portugal. The Man – Chris Black Changed My Life

by on 25. Juni 2023 in Album

Portugal. The Man – Chris Black Changed My Life

Sechs Jahre sind seit Woodstock vergangen – und damit tatsächlich mehr Zeit, als Portugal. The Man für ihre ersten sechs Studioalben benötigten – doch hört man das dem nonchalanten Chris Black Changed My Life eigentlich nicht an.

Schließlich geht Chris Black Changed My Life den mit Soul, R&B- und sonstigen Spinnerei-freien Manierismen beschrittenen Mainstream-Pop-Weg der 2017er-Platte nämlich ziemlich nahtlos weiter – seine grundlegende Individualität mit einer massentauglicher Austauschbarkeit geschmackvoll und aufwiegend, stets ein bisschen gefällig und beliebig, wirklich angenehm, barrierefrei und pflegeleicht, jedoch mehr Stil, Talent und Können an den Tag legend, als es der trendige Formatradio-Konsens eigentlich verlangt.
Soviel ist schon nach dem eröffnenden Quasi-Intro Heavy Games II, einer schön zurückhaltenden Klavier-Nummer, klar, wenn mit dem exemplarisch für die Ästhetik der Platte stehenden Grim Generation der Status Quo bestimmt wird: Portugal. The Man gehen (produziert von Harry Styles-Intimus Jeff Bhasker, der auch einige Feature-Positionen besetzt) direkt in den Danger Mouse infizierten, abgedämpften Anachronismus-Groove über und installieren optimistisch schunkelnd das eingängig sonnige und beschwingt liebenswürdige Wesen der keine wirklich nachhaltigen Melodien oder unbedingt zwingenden Hooks bietenden Nummer, dafür aber ein paar unaufdringlich eingebundene Streicher und Chöre und Gospel-Elemente.

Ohne in weiterer Folge einen solchen Überhit wie Feel it Still aufzufahren, ist Chris Black Changed My Life jedoch das homogenere, kompaktere und auch bessere Album als Woodstock, in sich schlüssiger fliesend, als Ganzes überzeugender. Was allerdings wohl nur ein schwacher Trost für alle ist, die der unberechenbaren Frühphase von Portugal. The Man nachtrauern.
Stichwort Trauer: trotz der luftigen, nebensächlichen und unbeschwert scheinenden Veranlagung der Musik ist die Platte gewissermaßen als Epitaph zu verstehen, der Titel selbst als Tribut: „Chris was one of those people who was like glue; he brought everyone together. His passing really messed with us. The band was in shambles and this record is the first time I feel I made a complete record; a complete thought about our world crumbling of around us and the journey back. While it is a very personal journey, I feel like everyone has a Chris Black in their life; at least I hope that everyone has a Chris Black in their life. That one friend who has a way of making everything right and making everything fun. The one who keeps you in check when you go off course and is always there to celebrate the good times and to support you in the bad times.

Chris Black Changed My Life ist kein sonderlich interessantes Album, es wird auf lange Sicht zwar bedingt reizvoller erscheinen als sein Vorgänger, aber niemals erste Wahl in der Diskografie werden, doch ist es in seiner grundlegenden Intention durchaus erfolgreich. Steht man nicht mit der Evolution der Band auf unversöhnlichem Kriegsfuß kann man es sogar, wiewohl schnell vergessen, ziemlich qualitätskonsistent als ausfallfrei schätzen.
Im smooth schunkelnden Beat der gedrosselten Sommerbriese Thunderdome [W.T.A.] revanchiert sich Black Thought für den Besuch der Band auf Streams of Thought, Vol. 3: Cane and Able, die außerdem (etwas weniger formelhaft eingefügt) Natalia Lafourcade für eine Konstellation geladen haben, die sich am Papier spannender liest, als sie in Tönen geworden ist. Die Vorabsingle Dummy ist formelhaft ganz vage an Crazy angelegt, fügt sich mit seiner Supermarkt-Soundtrack-tauglichen Kinderlied-Melodie (offenbar entgegen des fehlendes What, Me Worry?) gut in den Kontext ein, derweil Summer of Luv relaxend flanierend mit sexy Unknown Mortal Orchestra-Saxofon wie auch das entspannt twistende Ghost Town wohl mühelos in die eine oder andere Sommer-Playlist plätschern wird: catchy können Portugal. The Man.

Nach dem ambienten Vocoder-Contemporary-Zwischenstück Time’s a Fantasy mit dem retrosynthätisch klimpernden Sean Leon geht der Reigen an unverbindlichen Ohrwürmern nämlich auch in der zweiten Hälfte scheinbar mühelos weiter – man kann Portugal. The Man aus den Augen und dem Herzen verloren haben, man kann die Band aber selbst im breitenwirksamen, kantenloseren Chart-Modus nicht nicht mögen (sprich: wirklich negative Gefühle aufbringen).
Doubt klingt wie ein beatlesk schwelgender, tröstender orchestraler Hollywood-Abspann ohne Kitsch, der sich sogar minimal in einen butterweichen Psychedelik-Jam abdriften lässt. Plastic Island umarmt das Eels-Radio-Angebot mit behutsam-knuffiger Niedlichkeit und lässt das Abgründige mal wieder so unbekümmert erscheinen, bevor das orgelnde Champ die 60s-Inbrunst von Edgar Winter im Bläser-Einerlei weichspült, am Ende den augenzwinkernden Heavy Metal-Red Herring parat hält und der Closer Anxiety:Clarity kontemplativ schippernd mit ätherischer Patina, 80er-Flair, Paul Williams und politisch sprachsampelnder Message wie praktisch alles an dem rundum mögenswerten Chris Black Changed My Life unspektakulär und schnell vergessen ist, mag sich der Kreis an der Schere aus Form und Inhalt im vermeintlichen Friede-Freude-Eierkuchen-Finale auch noch so subversiv schließen: „Heavy games, oh/ You can’t take this back/ Because the present has a past/ Now you’re fucked up forever.

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