Portrayal of Guilt – Suffering Is A Gift
Suffering is a Gift löst viele bisher von der Band gegebenen Versprechen ein: Portrayal of Guilt haben nach dem so ambivalent unter Kinderkrankheiten leidenden 2018er-Highlight Let Pain Be Your Guide noch einmal an an den Stellschrauben ihres wahnsinnigen Gemetzels aus Screamo- und Powerviolence-Versatzstücken gedreht.
Die Jungspunde aus Texas markieren damit rechtzeitig vor der anstehenden Supporttour für die Doppelspitze aus Touché Amoré und Deafheaven ihren bisherigen Schaffenszenit, indem sie praktisch aus den Schwachstellen des nominellen Debütalbums gelernt und ihren unbändigen Stil-Reißwolf auf zehn Minuten und sechs Songs destilliert haben. Wo schon auf dem ebenso plakativ betitelten Let Pain Be Your Guide die Grenzen zwischen Song, Interlude, Influence-Schaulaufen und verstörender Industrial-Soundfläche schwammig agierten, bleiben Portrayal of Guilt nun zwar auch für dieses neuerliche Kurzformat bei dem polarisierenden MO, doch bringen sie das so unheimlich fragmentarisch, scheinbar immer nur für Sekundenbruchteile fokussieren könnendes Songwriting nun in einen besser balancierten Kontext, lassen es schärfer akzentuiert doch weniger willkürlich und skizzenhaft anmuten.
Dabei kommt man kaum mit dem Verorten etwaiger Orientierungspunkte nach. Self-Inflicted wächst aus der Distortion und dem Noise, explodiert in den letzten 20 Sekunden mit voller Aggressivität und hämmernden Blastbeats, bevor Scarcity mit manisch rasenden Drums und dramatischen Gitarren vorangetrieben wird, durchatmet, weniger dringlich neuen Anlauf nimmt, das Tempo, aber nicht die Intensität drosselt, seine Gangart bis zum growlenden Kotzen schleift. Dissolution ist an der Front Grincore, der sich die Gitarren später vom Black Metal und die Drums vom Hardcore leiht, wohingegen Moral Decay sein Midtempo über hypnotisch-atmosphärische Klänge plötzlich für einen fast schon stadiontauglichen Part sammmelt, diesen aber lieber im Dreck kriechend spielt und über das infernale Feedback ausatmet.
Nur A Futile Light gönnt sich dann einen weitestgehend melodischen Spannungsaufbau, den Merciless letztendlich über ein relativ knackiges Riff wird zum Blackened-Inferno entlädt. Allesamt sind das jedoch gefühltermaßen eher anständig verschweißte Etappen unter einer kohärenten Zielsetzung, als Zeichen einer defizitären Aufmerksamkeitsspanne – und die aktuell wohl garstigere Alternative zu Code Orange.
Suffering is a Gift sprintet diese Hatz im Gegensatz zum großen Albumbruder schließlich mit einem besseren Fluß und einer schlüssigeren Gesamtdynamik, visiert die Essenz der stilistisch so unbeständigen Szenen präziser an. Dafür reduzieren Portrayal of Guilt aber auch den melodischen Anteil der Kompositionen, setzen die Gewichtung deutlicher denn je auf pures nihilistisches Chaos und artikulieren damit eine komplettere und formvollendere Ausarbeitung ihrer psychotischen Vision.
Aufgrund der kompakten Laufzeit wirkt das zwar immer noch ein wenig, als würde das Quartett seine extreme Kompromisslosigkeit weiterhin nicht auf die entsprechende Tragfähigkeit und das höchstmögliche Gewicht ausweiten; es fehlen ein wenig die konkret herausragenden Einzelideen hinter der packenden Ästhetik und es bleibt eben doch auch schwer zu sagen, ob diese Band einen Song überhaupt auf konventionelleren Ebenen bedienen kann, oder es wirklich nur einfach nicht will.
Tatsächlich spielt all dies im rauschhaften Kurzformat aber eine zu vernachlässigende Rolle. Es kann durchaus sein, dass Portrayal of Guilt das überfallsartig sprintende EP-Format einfach grundsätzlich besser liegt als die (nur unwesentlich ausführlichere) Albumlänge – oder aber die Kombo nun endlich ohnedies das bestialische Gleichgewicht in ihrer Kampfzone gefunden hat.
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