Pinegrove – Elsewhere
Knapp 200 Konzerte spielten Pinegrove in ihrem Durchbruchsjahr 2016 rund um das grandiose Cardinal. Als Zusammenfassung dieser umtriebigen Bandphase serviert das Sextett um Boss Evan Stephens Hall nun noch acht stimmungsvoll zusammengewürfelte Live-Ausschnitte von Auftritten in Seattle, Nashville, Boston, Detroit und Pittsburgh.
„We recorded these songs towards the end of our tour with Kevin Devine, Petal, & Julien Baker. (…) This release is intended as a thank you letter to everybody who supported us in any way. It was a challenging year, but So rewarding to meet so many wonderful people, & to learn a little more about what this good country is really like. We have found it to be beautiful the whole way through, populated by excellent people everywhere. We thank you sincerely for your help, your love, & your generosity. This tour took us across the United States through the days leading up to the 2016 US election, election day, & the aftermath. We felt consequently that it’s an especially good time to do what we can to promote love & equality.“ erklärt Hall die Beweggründe Elsewhere zu veröffentlichen – ab 01. März 2017 in physischer Form als Kassette, doch bereits jetzt als Download.
Besonders fein: Wie auch der restliche Katalog von Pinegrove steht Elsewhere nach Name Your Price-Prinzip via Bandcamp zur Verfügung – die durch die digitale Version hereingespülten Einnahmen gehen in diesem Fall direkt an das Southern Poverty Law Center.
Mit Ausnahme der kompakten Lieblichkeit Angelina (nach Everything so Far mit seiner Berücksichtigung für die Audiotree Sessions oder den This Has Got To Stop Sessions wohl mittlerweile so etwas wie ein bandinterner Lieblingstrack und zudem längst erklärter Fanfavorite) und der fast schon mathlastig zappelnden Meridian-Aufgekratztheit Recycling versammelt Elsewhere ausnahmslos Vertreter von Cardinal, was nebenbei abermals den wundervollen Produktionscharakter des Studioalbums vorführt. Ein Visiting darf abseits dessen intimen Klanges hier nun etwa ein wenig mehr Zackigkeit im Gitarrenspiel an den Tag legen, Old Friends kommt anschmiegsamer und verspielter daher, lässt jedoch ebenfalls mehr Raum für dezente Ausschmückungen und agiert weniger zwingend zurückgelehnt als sein Studiopendant – wo sich die Faktoren Rock und Country im Konzertsound der Band dann allerdings doch offenkundig um Nuancen weiter nach vorne drängen.
Dennoch bleiben die Live-Interpretationen stets recht nah an den finalen Tonträgerversionen: Die streunender jammend-stawanzende Interpretation von Aphasia bleibt dahingehend ebenso eher eine Ausnahme wie auch das noch kompakter ins Ziel galoppierende Size Of The Moon, das auf Elsewhere tatsächlich noch ein wenig mehr Druck aufbauen kann als auf Cardinal. Gerade diese verschobenen Facetten halten die Dinge spannend, frustrieren aber dahingehend, dass Pinegrove trotz anstehender Europa-Tour bis auf weiteres den österreichischen Bühnen fern bleiben werden.
Insofern übernimmt Elsewhere auch die Funktion als Trostpflaster und muss sich trotz seiner gefühlt zu kurzen Spielzeit (was aber mit Blick auf setlist.fm eher eine adäquate Abbildung der Tatsachen darzustellen scheint) kaum etwas vorwerfen lassen: Das jubelnde Publikum ist vor allem vor und nach den Songs erkennbar, ansonsten liegt der Fokus auf dem angenehm kantigen, aber nicht künstlich geschönten oder am LoFo-kratzenden Sound.
In der rundum direkte Produktion wurde zudem trotz der wechselnden Locations weitestgehend auf sauber ineinander gemixte Übergänge zwischen den Songs geachtet, so dass das stimmungsvoll konservierte auch ohne unbedingtes „Mittendrinn-Gefühl“ nicht markanter als notwendig unterbrochen wird. Als keineswegs essentielles, aber durch und durch sympathische Kleinod stellt Elsewhere damit eine feine Discografie-Fußnote für Sammler und einen netten Fan-Appetizer (aber natürlich keinen Ersatz) für die kommenden Tourtermine dar, zudem auch einen nonchalanten Einstiegspunkt in das Schaffen der liebenswerten Band aus Montclair in New Jersey für Neuankömmlige. Muss man also nicht besitzen, sollte man aber!
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