Pike vs The Automaton – Pike vs The Automaton
Mäandernde Tightness ohne Fokus in Zeiten der Pandemie-Frustration: Matt Pike hat in seiner Garage in Portland mit einer Riege an Gästen das offizielle Soloalbum Pike vs The Automaton eingespielt.
„I made a psychedelic rock record that Sleep and High on Fire fans would like. And maybe if you’re not a Sleep or High on Fire fan, you might like it too. I definitely think it’s interesting; (…) It’s got everything and it still works together, it doesn’t sound odd. It’s just an off-the-wall psychedelic rock record.“ verspricht Matt Pike für seinen Kampf gegen The Automaton – nimmt damit den Mund aber ein bisschen zu voll, in mehrerlei Hinsicht.
Einerseits bleiben die Momente, die explizit aus dem Schaffen seiner Stammbands fallen würden, relativ überschaubar. Land, dieser rostig-scheppernde Americana-Country im slidenden Acoustic-Gewand mit Mastodons Brent Hinds war insofern komplett auf sich alleine gestellt aus dem restlichen Rahmen fallend sowieso eine falsche Fährte – aber in seiner catchy-schrulligen, wettergegärbten Rumpeligkeit auch einfach (selbst über viel zu lange sieben Minuten) großartig. Ebenso ein aus dem Nichts kommendes Unikum ohne Verbindung zu Rest: Acid Test Zone als D-Beat-Hardcore-Schreihals mit viel Attitüde, aber (gerade über zu lange 3 Minuten) wenig Substanz.
Leaving The Wars of Woe presst sich selbst aus der Riff-Trance kommend mit Synthesizer und elektrischer Satz in die prolongierte Psychedelik, Apollyon adaptiert dagegen ein bisschen 90er-Alternative Metal-Flair, gestikuliert in der wirr-diffusen Produktion gothisch, verrennt sich aber vor allem in die tröge Masse von schwammigen neuneinhalb Minuten, in denen ein knackiger, präziser 4-Minüter versteckt sein könnte. Stattdessen gibt es den Twist in die tektonischen Trance, bevor sich die Nummer ins Fade Out gniedelt und dort mit Lo-Fi-Noise-Sperenzchen tändelt: Symptomatisch, denn im Grunde ist die gesamte Platte eine Geduldsprobe, die (über 63 Minuten) einfach nicht zum Punkt finden will, aber trotzdem am Ball hällt.
Das gilt auch dann, wenn Pike vs The Automaton mit Hilfe des ursprünglichen Lord Dying-Drummer Jon Reid sowie (dem neben anderen Gästen immer wieder eingreifenden) Bassist Chad Hartgrave als dritte personelle Konstante relativ nahe an der High on Fire-Komfortzone bleibt – obwohl Produzent Billy Anderson dem Album einen weitaus ungeschliffeneren, unpräziseren, zu lockere Freiheiten gewährenden Sound verpasst, keinerlei Prägnanz forciert und auch das viele redundante Meter abspulende Songwritig entsprechend impulsiv hingerotzt wirken kann: Die Ästhetik als der ebenso ambivalente wie gravierendste Unterschied zu Pikes Grammy-Mutterschiff verleiht dem Material dann zwar eine individuelle Prägung, lässt jedoch weite Strecken der Platte auch nur wie eine potentielle Skizze einer komplett eigenwillig aus der Form gelaufenenen High on Fire-B-Seiten-Compilation wirken.
Das agressiv reißende Abusive galoppiert mit Trademark-Adrenalin, wird aber erst ab seinem zwischen Thrash und Classic Metal eiernden Solo wirklich klasse, wenn die letzte Minute sein mystisches Riff voll auslebt. Das ziellose Throat Cobra röhrt assi-punkig episch an der getragenen Basis aufheulend, und Trapped In A Midcave ist eine wunderbar doomige Kaskade zwischen Melvins und Down, David Lee Roth, Kiss und Michael Schenker. Der Bass darf sogar ein paarmal transparenter im Sound sichtbar werden, und irgendwann verlieren sich die Referenzen im zwanglosen Jam, der im unmotivierten Interlude-Nachhall Epoxia noch einmal aufbrandet. In Alien Slut Mum kracht die Bullenpeische und kristalline Synth-Diamanten leuchten sporadisch, während die Rhythmussektion das Rampenlicht kurz genießen darf. Und Latin American Geological Formation ist ein verquerer Doom-Marsch, der sich selbst delirant verdaut und seinen merkwürdig-diffusen Mix nicht als Sprungbrett nutzt.
Was dann auch den Eindruck nur bestärkt, dass das niemals schlechte Pike vs The Automaton eine wirklich starke Platte hätte werden können, wenn Pike sich nur für ein Extrem entschieden hätte – indem er entweder die Zügel straffer ziehend und mit klarem Fokus aufräumend aus dem vorhandenen Pool ein konsequentes, stringentes und effektives High on Fire-Album destilliert hätte, oder aber all in zu gehen und sich vollkommen triebgesteuert vom Weirdo-Aspekt ins Abseitige zu beamen. So wirken die guten neun Songs dieses Debüts aber zwischen den Stühlen sitzen, selten befriedigend und oft frustrierend.
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