Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs – Viscerals
Spätestens mit Viscerals etablieren sich Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs als so konsistente wie konstant abliefernde Zuverlässigkeit im Schmelztiegel aus Heavy Psych, Stoner Rock und knackigem Doom Metal – dafür nehmen die Engländer diesmal auch kleine Wachstumsschmerzen in Kauf.
Die Vergleiche mit Lemmy, Jaz Coleman und Black Sabbath werden anhand des nominell dritten Studioalbums von Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs freilich nicht abreißen, doch merkt man zwischen den Zeilen immer wieder, dass die Band aktuell an einer über den bisherigen Karrierezenit King of Cowards (2018) hinausgehenden Perspektive arbeitet. Viscerals bereitet diese nun zumindest vor. Durchaus mit einer gewissen Ambivalenz, wie es die beiden Vorabsingles Reducer und Rubbernecker bereits angedeutet hatten – in ihrer Funktion als Eröffnungsstücke der Platte funktionieren sie im Kontext nun übrigens beide besser als für sich stehend, bleiben dabei aber nicht ohne Makel.
Reducer poltert wuchtig los, gibt sich enorm dringlich und zeigt ein ungewohnt rasantes Tempo, übersetzt die Signatur der Band bestechend, indem es einen souveränen Standard verdammt hungrig inszeniert. Die Gitarren heulen und riffen kompakt, rumoren dramatisch, die Stimme von Matt Baty hallt aufpeitschend, als gelte es alle Versammelten auf eine rauschende Schlacht einzuschwören, so heavy und sportlich, bevor Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs Pigs das Tempo immer martialischer drosseln.
Im Kontrast dazu gehen die gesetzten Akzente Rubbernecker weniger effektiv auf, wenn die heulend-pendelnd Entschleunigung einen wüstentauglichen Sludge braut, der so auch Baroness-Fans ansprechen könnte, Jane’s Addiction-Anhänger verführen will – nur: Das Launige in einer expliziter forcierten Melodik steht der Kombo aus Newcastle upon Tyne einfach nicht wirklich, zumindest kommt die Nummer selbst einfach nicht in Gang, findet nicht auf den Punkt, zeigt Pigsx7 noch nicht so weit, wie sie wohl gerne wären. Rubbernecker bleibt ein unentschlossenes Stück an der Schwelle zu neuen Möglichkeiten.
Der Rest der Platte übersetzt die Ambitionen der Band – „the sound of a leaner, more vicious Pigs, and one with their controls set way beyond the pulverising one-riff workouts of their early days“ sattelfest. Nur das ungelenke Crazy in Blood tritt in seinem geradezu nervenden Verhaltensmuster in das Rennen um den schwächsten Song der Platte ein, wenn sich Pigsx7 zu sehr auf einen schmissigen, eindimensionalen Slogan-Refrain verlassen, da kann der psychedelischer aufmachende Shoegaze-Teil der Nummer noch so sehr überzeugen.
New Body skandiert am rüpelhaften (Post)Punk in Zeitlupe, lamentiert psychotisch vor tektonischen Eruptionen, schleppt sich mächtig mit brodelndem Nebel unter der Motorhaube, und beschwört an der Dissonanz schrammend heroisch aufgetürmte Gitarrentexturen: Pigsx7 sprechen nicht umsonst von Sonic Youth und erheben die Repetition zum hypnotischen Mantra, das leider ausfaden muß. Doch alleine die Texte bleiben mit ihrer skurril-beängstigenden Schlagseite deutlich nachhaltiger hängen als bei den bisherigen Alben der Band.
Blood and Butter gönnt sich als Intermezzo zum Mittelteil von Viscerals eine Verschnaufpause, liebäugelt mit dem Industrial und einem obskurem Speiseplan, adaptiert Radiatorendrones und einen holprigen Rhythmus für die Distortion. In ihren besten Momenten schickt sich die Platte tatsächlich an den Vorgänger zu übertrumpfen, wenngleich sie eben an der nötigen Konsistenz scheitert.
Danach spielen die Briten den Reigen dennoch geradezu versiert nach Hause. World Crust stampft und kurbelt, liefert beinahe Entertainment, weil der Refrain am Call-and-Response-Mitgröhl-Potential nicht erst live ordentlich zünden wird. Anders verhält sich Halloween Bolson, das auf der Bühne wohl monströs den Exzess anbieten wird. Pigsx7 ziehen am archaischen Rock’n’Roll an, flirten gar mit klassischem Heavy Metal und kontrastiert diesen mit dem Doom. Wenn die Nummer damit beginnt hin und her zu ziehen, dauert es vielleicht, bis sie wieder an Momentum gewinnt – und schade auch, dass die Gitarren und das Horror-Klavier im Mix nicht weiter im Vordergrund quietschen und gniedelnden dürfen – doch die lange Halluzination langweilt nicht als neunminütiger Jam.
Dass mit dem typischen Hell’s Teeth danach ein relativ knackiger, unspektakulärer Stomper geradezu versöhnlich und konventionell verabschiedet, sollte in keiner falschen Sicherheit wiegen: Pigsx7 sind vom talentierten One Trick Pony zu einer veritablen Bank des Genres herangereift, der man einige Schönheitsfehler nicht nur nachsieht, sondern auch als Wagnisse am Weg zu neuen Hochphasen sogar hoch anrechnet.
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