Phoenix – Bankrupt!
4 Jahre nach der Single-Schleuder ‚Wolfgang Amadeus Phoenix‚ und dem endgültigen Durchbruch gehen Phoenix auf Nummer Sicher und übersetzen für ‚Bankrupt!‚ ihre tanzflächenfüllenden Konsenshits wieder zurück in einen den 80ern nicht abgeneigten Synthiepop-Kontext.
Die Steilvorlage des Albumtitels auslassend drängt sich der Gedanke einer kreativen Bankrotterklärung bei dem ersten Lebenszeichen des französischen Vierers nie wirklich auf, obwohl: ‚Bankrupt!‚ macht es aus der vielleicht schwierigsten Startposition – die Entwicklung von ‚Alphabetical‚ vielleicht außen vor – welche Phoenix je einnehmen mussten leichter als alle seine Vorgängerplatten. Gut: was früher einmal Gitarren erledigten, das tun nun über weite Strecken Synthiesizer und Keyboard. Der Übergang zwischen zahlreichen prägnanten french-Einflüssen wie Air und aktuellen Phoenix-Songs ist damit wieder so nahtlos wie seit dem übermütigen ‚United‚ nicht, auch, weil die Rolle von Phoenix als Fakelträger aus dem popaffinen Elektro-Land Frankreich mittlerweile ihr Dasein als Gitarrenband wieder überragt. Der zum dritten Mal am Produzentenstuhl Platz nehmende Philippe Zdar (Cassius) fängt die stilbewussten Mannen aus Versailles diesbezüglich mit klarer Haltung ein. Wie auch das transportieren Gefühl, dass Phoenix auf ‚Bankrupt!‚ mit ‚Wolfgang Amadeus Phoenix‚ im Rückspiegel nicht losgelöst aufspielen können oder wollen.
Dringlichstes Beweisstück ist da neben der Dramaturgie der Platte natürlich der zweieiige ‚Love Like a Sunset‚-Zwilling ‚Bankrupt!‚, der Titelsong, selbst – ein über weite Strecken instrumentaler Track nimmt sich über die längste Spielzeit ausladend Raum, um zu seinem eingängigen zurückgenommenen Pop-Part zu schweben – aber auch in all den Endorphintänzen; den aufgefahrenen, selbstrefferenziellen Melodien; und der gesamten Trademarkverwertung an sich klingt das fünfte Phoenix-Album wie eine modifizierte Version des vierten. Phasenweise (z.b.: ‚Bourgoise‚) stark durch den omnipräsenten – wann hat zuletzt nochmal ein Soundtrack derart oft als Referenz herhalten müssen? – ‚Drive‚-Score beeinflusst. Dass dies nur die halbe Wahrheit ist, dafür sorgen allgegenwärtige neonfärbige, fernöstliche Melodienanstriche aus Asien. Natürlich eher ‚Lost in Translation‚ im kalifornischen Autodrome anstatt ‚Tiger & Dragon‚. Siehe etwa ‚The Real Thing‚ mit ‚Tell it to my Heart‚-Anstrich, ‚Trying To Be Cool‚ oder ‚Entertainment‚.
Eben die Vorabsingle hat die Marschrichtung dabei schon weitestgehend richtig vorgegeben: im vierzehnten Bandjahr servieren Phoenix von vorne bis hinten perfekt durchgestylte Pophits im Synthierockgerüst, die Grenzen zur Eingängigkeit verwischen mit einer angenehmn zu konsumierenden Seichtigkeit. Der Sound ist poliert und zielgerichtet, ein ‚S.O.S. in Bel Air‚ genauso aufdringlich sonnenstrahlend und auch plakativ wie es sein Titel verspricht, nicht nur der Refrain des hibbeligen ‚Drakkar Noir‚ derart unmittelbar auf den Silbertablett serviert, dass für Überraschungen weniger Zeit bleibt, als für unnachgiebige Ohrwürmer, schlimmstenfalls der unliebsamen Kindergarten-Melodie-Manier. Bestenfalls – und das tut ‚Bankrupt!‚ paradoxerweise erst nach einigen Anlaufschwierigkeiten unter dem Eindruck gefälliger Langeweile – funktioniert die Suche Franzosen nach der perfekten Hookline/Melodie-Kombination schlichtweg effektiv. Herzen müssen nicht pochen, wenn Beine wippen.
‚Bankrupt!‚ geht mit seinen Vorzügen – vor allem seine geradezu unverschämte Catchyness und Hitversiertheit – frontal hausieren, hält als Earcandy-Bombe bei 10 Songs beinahe ebenso viele potentielle Singles parat. Es präsentiert keine derart herausragenden Einzelhighlights wie etwa ‚Lisztomania‚ oder ‚1901‚, die weite Strecken von ‚Wolfgang Amadeus Phoenix‚ in den Schatten stellten, sondern ist von seiner Gesamtheit ausgerechnet an ‚It’s Never Been Like That‚ angelehnt, dem hierzu wohl konträrsten Album der Bandgeschichte. Entgegen der weitverbreiteten Ansicht, dass Phoenix ihre Alben nach starkem Beginn hinten raus gerne schwächeln lassen bleibt ‚Bankrupt!‚ über seine gesamte Spielzeit qualitätskonstant goutierbar, gegen Ende gar stärker als zu Beginn.
Ebenso irreführend wie der Albumtitel (welche Charts sollen diese Songs verschmähen? Um die finanzielle Zukunft von Phoenix braucht man sich jedenfalls sicher weniger Sorgen machen als um die künstlerische!) bleibt nach 40 Minuten das Obst am Cover – ein Süßwarenladen wäre wohl passender gewesen. Denn gesund ist ‚Bankrupt!‚ wohl in vielerlei Hinsicht nicht, der Nährwert durchaus überschaubar. Aber eben: manchmal genau das richtige. Vor allem, wenn die Sonne scheint, denn für Alben wie ‚Bankrupt!‚ wurde der Sommer erfunden. Dann zimmert immer noch kaum jemand massentaugliche Popmusik derart sympathisch wie die vorhersehbar gewordenen Phoenix.
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