Pharrell Williams – G I R L
Pharrell Williams nutzt die Gunst der Stunde und wirft im Windschatten der totgenudelten Kooperationen mit Daft Punk, Robin Thickes ‚Blurred Lines‘ und seinem eigenen Brechreiz-Hit ‚Happy‚ zehn maßgeschneiderten Popsongs auf den Massenmarkt.
Er sei kein Vampir, stellte Pharrell erst unlängst fest ( – er wasche sich nur das Gesicht). ‚G I R L‚ lässt ihn nun viel eher auch als knallhart kalkulierten Opportunisten erscheinen, als hocheffizient am Zeitgeist operierende Hitmaschine, die dem Pöbel vorsetzt wonach es den Formatradiohörer verlangt. Sein zweites Album unter eigenem Namen zirkelt der einstige Visionär und heutige Rattenfänger Pharrell deswegen wenig einfallsreich rund um ‚Happy‚, diesen mit der Brechstange forcierten, Oscar-nominierten Gute Laune Song, der bereits jedes Kaff dazu bemüßigt hat mit einem originell an der weltweiten Blaupause inspiriertem Fremdschäm-Tanzvideo etwaige Internetplattformen zu verschmutzen – viel mehr als ein Aufkochen der bewährten Erfolgsformel der Hits aus dem letzten Jahr fällt Pharrell darum herum jedoch nicht ein (oder aber wohl eher: für etwas anderes ist der 40 jährige schlicht viel zu sehr ausgekochtes Schlitzohr!).
Wir begegnen in ‚Come Get It Bae‚ (angeblich mit Miley Cyrus als Gast) also dieser typischen federleicht beschwingten Rhythmik und einem aufgeräumten Minimalismus aus der Mottenkiste von Michael Jackson, überall sonst immer wieder den patentierten Nile Rodgers-Gitarrenlicks vor dem fistelnden Party-„Soul“ von Williams, in ‚Gust of Wind‚ dank Daft Punk auch dramatischen Streichern und quengelnden Vocodern. ‚G I R L‚ ist nun also auf den ersten Blick ziemlich funky, poppig und enorm eingängig geworden, durch Songs wie das orchestrale ‚Marilyn Monroe‚, die Justin Timberland Stippvisite ‚Brand New‚ oder dem weich groovenden ‚Gush‚ auch auf gar nicht so uncharmante Retro-Weise an den 90ern interessiert, mit jedem Durchgang – und dafür muss man gar nicht erst die Wahnsinnstaten als Referenz heranziehen, die Pharrell mit N.E.R.D. und den stilprägenden Neptunes kreiert hat – entpuppen sich die 47 Minuten jedoch als bis zur Beliebigkeit abgeschliffene, substanzlose Hüllen ohne jeglichen Tiefgang, dafür aber mit immanenten Nervfaktor: kein Song zeigt Interesse an Entwicklungen, Pharrell lässt von vorne bis hinten in monotoner Schiene fahren.
‚G I R L‚ ist durchzogen von schlüpfrigen Lyrics und einem überdosierten positiven Vibe – Ecken und Kanten, mutige Momente oder waghalsige Ausbrüche aus dem gleichförmigen Reigen (Ausnahme sind da höchsten wenn Williams geradezu dreist und auf ermüdend repetitive Art Diana Ross covert, das Ergebnis aber ‚Hunter‚ nennt, mit Alicia Keys das gallige Duett ‚Know Who You Are‚ ausspeit oder ‚Lost Queen‚ auf Loops gebaut so etwas wie die handzahme Version von Kanye West darstellt) sucht man in der kalkulierten Plastikware allerdings vergeblich – es soll wenn möglich ja jedem irgendwie gefallen, vor allem aber ja niemandem wehtun.
Pharrell führt nach dem Erfolgslauf im Jahr 2013 seinen Höhenflug mit ‚G I R L‚ derart gehalten mutmaßlich nahtlos fort – praktische Hitparadengaranten wohin man hört, die zweifellos zahlreiche Menschen happy machen werden – der Amerikaner muss sich dabei aber zum wahrscheinlich ersten Mal in seiner Karriere den Vorwurf gefallen lassen schlichtweg belanglose Fließbandware ohne nennenswerte Halbwertszeit abgeliefert zu haben: das Übersättigungsgefühl setzt ein, noch bevor einem Pharrell bereits den nächsten Industriehappen in den Rachen schiebt. Zweckmäßige Hintergrundmusik um mal wieder mit der Yacht aus dem Hafen zu fahren, nett in der Funktionalität, aber auch mutlos bis zur Selbstgefälligkeit.
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