Phantom Winter – Sundown Pleasures

von am 30. August 2016 in Album

Phantom Winter – Sundown Pleasures

CVLT war tatsächlich erst die vorwarnende Ouvertüre: Phantom Winter zelebrieren auf Sundown Pleasures die Leidensfähigkeit an den Abgründen der menschlichen Seele so exzessiv, so hässlich, so wunderbar.

Infernales Gekeife und brutales Gebrüll umgarnen sich, der Doom vibriert beängstigend mit einer garstigen Black Metal-Atmosphäre. Die Band ist angekommen, man ist mit dem eröffnenden Titelsong unmittelbar drinnen in diesem eisig-finsteren Teufelsgebräu. Dennoch scheint Sundown Pleasure erst noch in Lauerstellung zu liegen. Und wahrhaftig: Immer weiter türmt sich das Monstrum auf, verdichtet sich. Es wird noch ungemütlicher werden, soviel steht fest.
Die Zäsur im Duchatmen mit rostiger Akustikgitarre ist dann auch wirklich nur eine falsche Fährte. Sundwon Pleasures platzt plötzlich umso unerbittlicher als Eitergeschwür des Blackened Post Metal auf, hämmert und beißt sich durch den Morast aus Sludge- und Hardcore-Ansätzen, mutiert zu einem sezierenden Malstrom, der Neurosis und Thou gleichermaßen mit sich reißt. Der Climax frisst das Fleisch geduldig von den Knochen, die Bösartigkeit von Kollegen wie Winter oder Dragged Into Sunlight muss als vager Parameter herhalten.

Freilich: Nach dem furiosen 2015er-Einstand CVLT durfte man sich auf einen derartige Brocken gefasst machen. Die Kompromisslosigkeit, mit der Phantom Winter nun jedoch unvermittelt begrüßen, kann schon überwältigen. Sundown Pleasures ist nicht weniger als ein auslaugendes Inferno zum Einstieg, aber auch der Wegweiser: Phantom Winter machen nicht nur dort weiter, wo CVLT aufgehört hat – sondern beginnen auf Sundown Pleasures, wo anderen Bands bereits die Luft ausgegangen ist.
Umso grausamer und fantastischer, dass sich die Würzburger im weiteren Verlauf der Platte sogar immer weiter steigern, indem sie ihren Sounds auch subtiler und weniger brachial artikulieren, die Facetten dieser Tour de Force mit klaustrophobischer Vielseitigkeit deklinieren und die überfallenden Attacken aus haunting growls und  bewitched screams noch besser ausbalanciert einsetzt.
The Darkest Clan legt sich dementsprechend beinahe versöhnlich in seine melancholische, verzweifelte Atmosphäre. Wäre das nicht alles ohne Umschweife so irrsinnig beklemmend, so düster und malträtierend, man würde man sich abseits der fies umeinander tanzenden Gift-und-Galle-Vocals fast schon heimelig fühlen können. Es ist nämlich auch diese quälende Symbiose aus monolithisch anwachsender Schönheit und nasskalter Grausamkeit, die einen Gutteil der Faszination dieser Band ausmacht. Dieses majestätische Unbehagen, das Phantom Winter wie die erhebenden Hymnen eines Folterknechtes beschwören und mit beispielloser Tiefenwirkung vorantreiben.

Längst haben sich Phantom Winter eben einen ganz eigenen Gitarrensound erarbeitet auf denen ihr Songwriting fußt, ihr Profil war im Grunde seit jeher formvollendet geschärft. Der fokussierende Entwicklungsschub seit CVLT ist dennoch beachtlich: Wie mächtig wälzt sich etwa diese bestialische Riffkaskade in Bombing the Witches über die immer wieder einverleibten Sprachsamples. Wie grandios steht es der Band, wenn sie ihre Songs rein instrumental schweifen lässt (logisch irgendwo, bei dieser Vergangenheit), sie den entstehenden Raum für Ihre assoziativen und bildgewaltigen Imaginationen nutzt. Karg und nihilistisch ist das eine Katharsis ohne Licht am Ende des Tunnels, der man sich weder entziehen kann noch will.
Der drückende Erfahrungswert ist einfach zu berauschend. Wraith War steigert erst das Tempo, variiert seine Dynamik danach aber wie in Trance verfallen. Black Hole Scum ist dagegen apokalyptischer Drone, den das hirnwütige Gespeie durchpflügt. Phantom Winter verweisen nicht umsonst auf Ambient-Architekten wie Rafael Anton Irisarri und erweitern ihre eigene Palette damit unablässig.
Ganz am Ende zeigt sich zudem noch einmal, wie fulminant dieser Zirkel alleine im Benennen seiner Songs ist: Der Black Space ist endlos, ein schwarzes Loch ohne Wiederkehr. Man verliert sich in diese eruptive Klangwelt, in der der Hass den einzige Leitfaden darstellt. Dass Phantom Winter den etwas zu klassisch An- und Abschwellenden Spannungsbogen in der triumphal verglühenden Kakophonie auflösen, ist zudem dennoch ein fantastisches und durchaus symbolträchtiges Finale: Mögen die Jungs für sich genommen auch noch Luft nach oben haben, wachsen sich Phantom Winter spätestens mit Sundown Pleasures zur waschechten Referenzband aus, die hiermit Standards setzt, an denen sich die Masse messen lassen muss.

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