Peter Gabriel – And I’ll Scratch Yours

von am 3. Oktober 2013 in Album, Compilation

Peter Gabriel – And I’ll Scratch Yours

Das grundsätzlich interessante Gesamtkonzept hinter ‚Scratch My Back‚ und ‚And I’ll Scratch Yours‚ ist ein wenig in die Hose gegangen. Erst entpuppten sich Gabriels Interpretationen fremder Songs als wenig überzeugend – und ganze zwei Jahre später hängt der oftmals verschobene Gegenpol dazu ähnlich bedeutungslos in der Luft.

Gabriel covert eigene Lieblingssongs von Lieblingsmusikern, die sich wiederum an Kompositionen aus dem Katalog Gabriels versuchen. Das egozentrische Konzept hätte durchaus Potential gehabt, doch Plattenfirma und widerwillige Kollegen haben Gabriel einen Strich durch die Rechnung gemacht: wo die eine Partei die Veröffentlichung des Projekts nur zum Teil stemmen wollten, waren anderseits auch nicht alle gecoverten Kollegen bereit sich ihrerseits mit einer Gabriel-Verneigung zu revanchieren. Anstelle von Radiohead, Neil Young und David Bowie hat der ehemalige Genesis-Vorstand auf ‚And I’ll Scratch Yours‚ deswegen letztendlich Unterstützung von Feist und Joseph Arthur bekommen. Eklatant weniger namhaft wird die vertretenen Musikerriege im Allstar-Reigen deswegen kaum – essentieller allerdings auch nicht.

Gut die Hälfte der aufgefahrenen Songs hat in den letzten Jahren bereits auf die eine oder andere Art ihre Veröffentlichung erfahren: egal ob als B-Seite, Record Store Day Release oder iTunes-Download. Jenseits von Gabriels Geduldsfaden endlich doch auf einen physischen Tonträger versammelt pendelt ‚And I’ll Scratch Yours‚ nun auch deswegen näher beim prominent besetzten Sammlerobjekt und freundschaftlichen Pflichtprogramm als am grenzenerweiternden Herzensprojekt; zu beliebig wirken bestenfalls überzeugende Vereinnahmungen und scheiterndes Potential nebeneinander aufgereiht, der Mehrwert ist ein überschaubarer, die Originalversionen zumeist klar besser- eben die klassischen Kritikpunkte, die man Coveralben an sich ankreiden darf – der rote Faden bleibt da eigentlich nur der allgegenwärtige Hang zur subjektiv stetig empfundenen Überlänge, und einer qualitativ zumeist ordentlichen, kaum aber herausragenden Leistung der vertretenen Künstler.

Die relativen Highlights: Justin Vernons wunderschön ätherisches Banjoprasseln ‚Come Talk To Me‚ hätte so auch auf ‚Repave‚ nicht gestört, Regina Spektor macht ‚Blood of Eden‚ zu eben jener Art von angenehmer Pianoballade, die sie längst blind beherrscht. Für ‚Shock The Monkey‚ versucht Joseph Arthur über einen atmosphärischen Drone-Song in die Fußstapfen von Mark Lanegan und Duke Garwood zu treten: sehr stimmig eigentlich. Randy Newman macht mit seinem 80er-Synthie aus ‚Big Time‚ einen klassisch-launigen Randy Newman-Ohrwum; der unterkühlt gen Elektronik werkende Organismus ‚Games Without Frontiers‚ könnte eventuell die Richtung von Arcade Fires kommendem ‚Reflektor‚ vorweggenommen haben. Elbow gehen dagegen mit ihrer Bearbeitung von ‚Mercy Street‚ auf Nummer sicher, verlassen sich auf Guy Garveys Stimme und ein atmosphärisches Klavier – und gewinnen damit so unauffällig wie subtil auf allen Ebenen.

Das behutsam klackernde ‚Don’t Give Up‚ mit sorgsamen Timber Timbre-Tupfern im Refrain findet nicht weit von Feists ‚Metals‚ statt, während das neben der Spur randalierende ‚Mother of Violence‚ (Brian Eno) nur kalten Industrial hinterlässt. Stephin Merritt braucht für ‚Not One of Us‘ nicht mehr als ein billiges Keyboard um seinen Lo-Fi-Pop zu zelebrieren – wofür vielleicht eine grundsätzliche Liebe für die Magnetic Fields von Nöten ist, um das Ergebnis schätzen zu können. Ebenso ‚I Don’t Remember‚ von David Byrne: ein androgyn pluckernd-stampfender Elektropopsong – wenig erfüllend, aber zumindest Geschmacksache. Wirklich polarisierend allerdings einmal mehr Lou Reed, der das unsterbliche ‚Solsbury Hill‚ in einen sinistren Gitarrennebel jagt, auch wenn das uninspiriert auf coolness getrimmte Genöle („I was a nut“ wird da zu „I was a slut„) des angegrauten Altstars nicht unbedingt weiter. Wahlweise anziehend auf schmutzige und anrüchige Art und Weise, oder verunstalteter Tiefpunkt einer fraglich nötigen, aber durchwegs abwechslungsreichen Zusammenstellung.
Der Abschluss mit ‚Biko‚ (Paul Simon samt funkelnder Akustikgitarre) gerät danach jedenfalls so versöhnlich wie wenig erhellend: zumeist (vor allem in den ruhigsten Momenten) ansprechend und zweckdienlich ist ‚And I’ll Scratch Yours‚ ohne Langzeitwirkung durchaus – aber den Sinn hinter dieser Übung nicht preisgebend. Wenn überhaupt erschließt sich dieser wohl am ehesten im ‚Scratch My Back‚/‘And I’ll Scratch Yours‚-Doppelpack, grundsätzlich gilt aber: statt seine Zeit mit derartigen Projekten zu verbummeln wäre eine Rückkehr von Peter Gabriel zum regulären Albumformat durchaus wünschenswerter – ‚Up‚ ist immerhin doch auch schon über ein Jahrzehnt her.

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