Perturbator – Lustful Sacraments
Dieser Anachronismus will sich kein Ablaufdatum aufstempeln lassen: James Kent modifiziert den neondunklen Synthwave von Perturbator auf Lustful Sacraments mit einer essentiellen Post Punk- und Goth-Patina.
Wenn man dem fünften Studioalbum des Franzosen, fünf Jahre nach The Uncanny Valley und vier nach New Model, letztendlich entwand vorwerfen wird müssen, dann, dass die neuerliche stilistische Mutation von Perturbator sich eher wie ein nicht restlos konsequent ankommendes Übergangswerk anfühlt, welches die Symbiose aus angestammten Trademarks rund um den verblassenden Genre-Hype des Synthwave im Rückspiegel mit neuen Facetten der 80er entlang einer gewissen Unverbindlichkeit vollzieht: Songs wie das True Body-Gastspiel Secret Devotion, das entschleunigte Dethroned Under a Funeral Haze (mit seinem langen Vangelis-Ausklang auf Replikationsuche) oder den Closer God Says (ein Ambient-Score, nebulös balladesk, mit Hangman’s Chair kraftvoll aufbrechend in Bewegung gerät, aber mäandernd und ziellos bleibt) bekommen Ulver in ihrer aktuellen Form einfach entschlossener und kompletter hin.
Alleine dass die elektrischen Norweger als Referenz herhalten, muß freilich schon als kleiner Triumph für Perturbator herhalten – zumal sich die Assoziation ohne jeden Zwang aufdrängt, sich die Evolution von Lustful Sacraments absolut schlüssig in die restliche und bisherige Diskografie von Kent einfügt und fortführt.
Es ist schließlich kein Bruch zu den Vorgängerwerken, wenn etwa das vorauseilende Death of the Soul als Club-Dystopie und pumpender Brückenschlag zur eigenen Vergangenheit im Verlauf mit klar hallenden, dunklen Gitarren ein Charakteristikum von Lustful Sacraments ausführt, The Other Place die Melancholie in der Heaviness mit der Eleganz dröhnender Bässe sucht und auch Messalina, Messalina im Grunde eine zutiefst typische Perturbator-Komposition darstellt, nur eben über eine veränderte Perspektive artikuliert.
Nachdem das finster schnipselnde Intro Reaching Xanadu die dichte Stimmung und patentierte Atmosphäre der Platte installiert hat, ist eben gleich das Titelstück Musik, zu der Vampire in der Zukunft von Blade Runner auf der Tanzfläche mit rezitierender Distanz und kühler Haltung von Facetten der New Romantic träumen dürfen, die Gitarren in Trance von The Cure, Depeche Mode oder den Sisters of Mercy halluzinieren, ohne für einen Paradigmenwechsel zu sorgen, sondern für eine sanfte Revolution. Nicht nur im noch flotteren Excess bindet Kent die Ästhetik von AFI, Preoccupations oder Drab Majesty in seinen durch Hotline Miami popularisierten Sound und öffnet sich damit ein weiteres Mal neue Horizonte.
Diese Lustful Sacraments sorgen insofern mit einer selbstverständlichen Sichherheit dafür, dass Perturbator als Vorreiter der Szene weiterhin inspiriert und relevant klingt – und im Gegensatz zu dem noch suchenden Kollegen von Carpenter Brut auch (wieder einmal) eine (weitere) vielversprechende neue Nische gefunden zu haben scheint, die es zukünftiger ergiebiger abzuschöpfen gilt.
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