Paul Weller – A Kind Revolution
Paul Weller hält das hohe Niveau des direkten Vorgängers Saturns Pattern mühelos – mindestens: A Kind Revolution ist vielleicht keine Revolution für den 59 Jährigen, aber eines der feinsten Ergänzungsstücke einer furiosen Karriere und zudem souverän-abwechslungsreiches Zeugnis der Zeitlosigkeit des Modfathers.
Im Gegensatz zum durchaus experimentelle Wagnisse eingehenden Soundtrack Jawbone, für den Weller erfolgreich den avantgardistischen Ambient-Eno/Walker in sich gefunden hat, verlässt sich die Insel-Ikone auf ihrem nunmehr dreizehnten Soloalbum wieder etwas konservativer auf die weitläufige Klasse ihres variablen Britrock-Songwritings.
Eine Traditionalismus, der sich zu einem Schaulaufen der formvollendeten Handwerkskunst entwickelt: Der typisch impulsiv aufzeigende Opener Woo Se Mama gibt mit druckvoller Gitarre und kompaktem Solo, schummriger Orgel und gefühlvollen Backingvocals (von den ehrwürdigen P.P. Arnold und Madeline Bell) den beschwingt groovenden Elder Stateman-R&B, der die Stimmung auf der folgenden Tour sicher ordentlich ankurbeln dürfte und hinten raus trotzdem noch entspannt in den gelösten Jam döst. She Moves With the Fayre ist dagegen eine unaufdringliche Expedition in den Funk, die letztendlich hinter einer verträumten Melancholie eine jazzige Trompete, leise dramatisierende Streicher und den eigentlich in Rente befindlichen Robert Wyatt findet.
Ein Legendentreffen, das offenbar keinerlei Anstrengung benötigt und die vielseitige Lockerheit der Platte früh vorwegnimmt. Im zurückgenommenen Soul-Glanzstück The Cranes Come Back lässt Weller etwa seine tolle Stimme strahlen und die bezaubernden Arrangements funkeln. Hopper flaniert später optimistisch durch den Sonnenuntergang und ist damit eher liebenswert, wo New York stattdessen mit einer feierlichen Theatralik liebäugelt. Für One Tear bestrahlt Weller die entschleunigt bespielte Tanzfläche mit laszivem Lavalampen-Flair und sexy Gitarrenlicks, bis die Lounge auch durch den Besuch von Boy George schwitzt.
Das flapsige Satellite Kid scheint hingegen in ständiger Lauerstellung zu liegen, zieht die Spannungen mit verruchtem Bluesrock-Blick enger, verzichtet aber auf die potentielle Explosion zugunsten der Rampenlichtsetzung auf die reichhaltig strahlende Produktion. Und Impossible Idea hätte dann entlang seines elegisch-schunkelnden Refrains nur zu leicht in den zu milde-versöhnlichen Dadrock abgleiten können, trumpft aber mit einer unaufgeregten Grandezza und unverwüstlichen Klasse auf. Einer solchen, die nicht per se aufregend sein muß, sondern eher pures Understatement walten lässt, und sich damit nahezu unbemerkt über elegante Melodie-Schmissigkeiten und nobler Ohrwürmer in die Heavy Rotation schleicht.
Mehr noch als schon der rundum tolle Vorgänger Saturns Pattern leistet sich Weller dabei über den angenehmen Gesamtfluss keinen einzigen Ausfall – nur die etwas altbacken-pseudofuturistischen Space-Synthieeffekte im kompakt rockenden Nova wirken ein wenig zu sehr wie das angestaubte Relikt einer schlecht gealterten Bowie-Platte aus dessen überzeugenden 2000ern. Ungeachtet dieses minimalen Schönheitsfehlers ist das selbstsichere A Kind Revolution in Summe ein nahezu unspektakuläres Schaulaufen von verdammt viel Routine und Können geworden – zu vital und erfrischend jedoch, um mit ihr Wellers Spätwerk aufziehen zu sehen.
An Energie mangelt es Weller 43 enorm kurzweilige Minuten lang jedenfalls keineswegs. Und drosselt er die Platte doch einmal für eine regelrecht altersweise Exkursion, mündet das im besten Fall in zeitlosen Erhabenheiten wie der langsam erblühenden Ballade Long Long Road, die sich so romantisch gecroont mit der Vergänglichkeit aussöhnt und schlichtweg großes Kino ist, ohne darum herum viel Brimborium veranstalten zu müssen. Durchaus symptomatisch für die über die Hintertür anwachsende, so variabel auftretende Fingerübung A Kind Revolution, die sich nach und nach als eine der feinsten Soloplatten des Modfathers zu erkennen gibt.
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