Orville Peck – Stampede: Vol. 1

Nach all dem Runmel um Bronco war Orville Peck ausgebrannt und findet erst jetzt über eine kleine Stampede an prominent besetzten Duetten wieder zu einer gewissen Leichtigkeit zurück. Seinem Songwriting tut dieser Müßiggang allerdings kaum gut.
Verglichen mit dem Material von Pony (2019) und Bronco (2022) wirken die ersten 23 Minuten des (wohl wie schon das zweite Studioalbum nervigerweise in aufmerksamkeitsspannenfreundlichen Häppchen veröffentlichten) Projekts Stampede nämlich relativ harmlos und latent banal, bringen abseits der geschmackvollen Berieselung mit sparsam betonter Identität weniger zwingende Substanz auf den Boden und sparen seicht nebenbei laufend an wirklichem Tiefgang.
Was freilich auch Jammern auf hohem Niveau ist, denn mit Saturday Night’s Alright (For Fighting) – einer generischen Roadhouse-Pseudo-Karaoke-Party im billigen Sound, aber ohne Energie samt einem lustlosen Elton John als Alibi-Gast – sowie Miénteme (einem im Reggaeton schlurfenden Dembow-Tex Mex-Klischee mit Regisseurs-Tochter Bu Cuarón, das im Chorus einfach unangenehm dick aufträgt) gilt es eigentlich nur zwei Beiträge als tatsächliche Ausfälle zu verkraften.
Nach dem rundum tollen Einstieg mit der schunkelnden Willie Nelson-Kooperation Cowboys Are Frequently Secretly Fond of Each Other und der Midland-Zusammenarbeit The Hurtin‘ Kind (wo ein verführerisch zurückhaltender Groove sich in der Strophe intim und behutsam über einen warmen Bass und die kontemplative Percussion dämpft, um in den vorsichtigen Blockbuster zu schleichen) bewegt sich Stampede: Vol. 1 eh auf sehr solidem Niveau.
Chemical Sunset schleicht mit der großartigen Allison Russell, Streichern und Bläsern (wie ein The Count of Monte Cristo in jazziger Zeitlupe) durch New Orleans und das etwas kitschig dargebotene, gefühlvoll den Hochglanz romantisierende How Far Will We Take It? verkneift sich mit Miley-Schwester Noah den tranigen Schmonz, bevor Peck sich mit Nathaniel Rateliff bei der 08/15-Nummer Conquer the Heart am Versuch einer Hymne verhebt – das Springsteen-Saxofon schindet jedenfalls mehr Eindruck, als das Songwriting.
Dass der Closer zudem gemessen am (ohnedies höchstens sehr lose) übergeordneten Spannungsbogen ziemlich unbefriedigend in der Luft hängend aus einer Stafette an kurzen, wenig wagenden und nie nach den Sternen greifenden Songs entlässt, deutet dann eben darauf hin, dass Stampede: Vol. 1 wohl demnächst durch einen zweiten Teil zum Album vervollständigt werden dürfte. Ob man dies allerdings wirklich unbedingt braucht, sei nach dieser (mit der Fanbrille aufgerundet bewerteten) Feature-Gefälligkeit dahingestellt.
Kommentieren