Orville Peck – Stampede
Die ärgerliche Unart, Alben mit Trailern im Ausmaß des halben Gesamtvolumens zu veröffentlichen, verkommt im Falle von Stampede zur eigentlich egalen Fußnote, weil Orville Peck seinem tollen 2022er-Zweitwerk Bronco nun zur Gänze einen frustrierenden Clusterfuck nachfolgen lässt.
Dass das merklich unausgegorene Volume 1 nunmehr komplett redundant geworden ist, sei also dahingestellt. Schließlich überwiegen Eindrücke wie jene, dass das mittlerweile komplette Gesamtwerk Stampede ohnedies nur ein bedingt schlüssigeres Sequencing erfahren hat (der Totalausfall Saturday Night’s Alright (For Fighting) wirkt hier sogar noch deplatzierter als bisher) und das Album als solches auch keinen spannenden, runden, erfüllenden Spannungsbogen kreieren kann.
Nach dem tollen Eröffnungsdoppel aus Cowboys Are Frequently Secretly Fond of Each Other und The Hurtin‘ Kind gibt es zudem praktisch keine Höhen mehr, sondern nur viel Durchschnitt und außerdem einige Ausfälle, was den Reigen aus Coversongs und unablässigen Features wie ein gimmickhaftes Ablenkungsmanöver in jenem Stardom-Status Quo anlegt, den sich der maskierte Mann erfolgreich erarbeitet hat.
Schauen wir uns also einfach an, welche Songs seit dem ersten Segment (das nun mehr oder minder weitestgehend die erste Hälfte eines Albums darstellt, das auf drei separate, konzeptionell geeinte EPs wohl besser funktioniert hätte) dazukommen sind, während man auf Stampede von einem Orville Peck im oberflächlich berieselnden Unterhaltungsmodus mit (prominenten) Freunden berieselt wird.
Back at Your Door ist ein mit Debbie Dawson schwelgendes Western-Duett, das seine romantische Melancholie schön in die Prärie hinauspfeift, das Wehklagen im getragenen Schreiten sauber anflehend: von der Produktion ist nur glattes Entgegenkommen zu erwarten. Papa Was a Rodeo (mit Molly Tuttle & The Golden Highway) ist irgendwie niedlich verspielt und geschmackvoll als zurückgenommener Bluegrass gefällig, dabei aber ebenso unendlich harmlos. Das feine Ever You’re Gone croont in schwüler Abendluft, Peck und Teddy Swims harmonieren überzeugend, doch irgendwann verliert sich das Gespann in der allgemeinen Stimmung, derweil das launige You’re an Asshole, I Can’t Stand You (And I Want a Divorce) mit Margo Price ausnahmsweise mit greifbarem Spaß an der Sache dahinläuft und eine seltene Dynamik zwischen den Parteien erzeugt, die nicht nur an der reinen Komfortzone interessiert ist (ohne deswegen von wirklich interessanten Reibungsflächen sprechen zu müssen), bevor Where Are We Now? in seiner poppig-unaufdringlichen Art ein von Mickey Guyton geführter Filler auf Aurora sein hätte können.
Das funky Death Valley High ist massiv von Gast Beck geprägt, lässt Fanfaren zur Party ertönen und lehnt sich gar am Rap an, doch bleibt die Nummer bis auf den innerhalb seines Rahmens irgendwann doch einigermaßen zündenden Refrain eher eine konventionelle B-Seite im Autopilot. Was immer noch besser ist als Midnight Ride, das abseits seiner Disco-Ästhetik mit Diplo und Kylie Minogue keinerlei Eindruck hinterlassen kann – eine reine Geste ohne Gewicht, die auf einem Album der australischen Queen selbst höchstens Ausschussware gewesen wäre. Man hat eben nie das Gefühl, dass sich Orville durch die neuen aufgetanen Horizonte (gerade jene in fremde Genres) auch nur irgendwie nuee Perspektiven erschlossen hätte.
Und dennoch lässt es sich Peck nicht nehmen, Stampede mit einer Interpretation von Rhinestone Cowboy (mit T.J. Osborne, Waylon Payne und Fancy Hagood) zu beenden, die selbst an einem banalen Karaokeabend unendlich langweilig gewesen wäre und keinerlei Existenzbereichtigung vorweisen kann. Das hat man tatsächlich schon inspirierter gehört.
Ganz so drastisch sieht sie die Sache für das fast widersinnig betitelte Stampede dann in Summe zwar nicht aus. Was die Sache aber nur im überschaubaren Ausmaß besser macht – notfalls dahingehend, dass man sich selbst ein nettes kleines Übergangs-Albumchen aus dem vorhanden Material destilliert.
Leave a Reply