Oneohtrix Point Never – Magic Oneohtrix Point Never
Daniel Lopatin erträumt sich mit Magic Oneohtrix Point Never seine eigene Radiostation als Referenz als den Softrocksender Magic 106.7, nutzt aber vor allem die Beziehungen von Uncut Gems, um seine Trademarks weiterzuentwickeln.
Zwischen vielen typischen, so ähnlich auch auf den Vorgängerwerken von Oneohtrix Point Never auffindbaren, avantgardistisch als collagenhaft schimmernde New Age-Esoterik-Nummern angeordneten Elektronik-Basteleien – natürlich auch diesmal absolut kompetent aus den Schaltpulten geschraubt – finden sich auf dem neunten Studioalbum des Wahl-Brooklyners insofern nicht nur wenige Sekunden dauernde Interludes aus arrangierten Samples, die das Konzept der Platte als Radiosuchlauf und Referenz an Magic 106.7 verdichten – so genannte Cross Talks – sondern auch einige klarer denn je forcierte Annäherungen an den Pop, R&B und herzeigbaren Massenmarkt.
Long Road Home etwa, das sich mit Streichern und Vocoder neugierig verspielt nach vorne bewegt, optimistisch angetaucht, obwohl die auftauchenden Stimmen in einem diffusen Meer baden, I Don’t Love Me Anymore nimmt den Schwung eines schüchtern-straighten Elektropop-Beats hinter einer entrückten halluzinogen Wand gerne mit. No Nightmares hat dann Uncut Gems-Bekanntschaft The Weeknd an Bord, mehr noch aber eine sehr feine Bon Iver‘eske Melancholie, die sanft durch die balladeske Nacht gleitet und sphärisch pulsiert, mit einer so betörenden Melodie umgarnt, dass es vollkommen egal ist, dass sich die Nummer irgendwann theoretisch perspektivenlos erschöpft.
Lost But Never Alone ist eine ästhetisch ähnlich ausgelegte, wunderbar traurig aus dem Leim phasenverschobene Traurigkeit aus den 80er mit herrlich diffusem Solo hinten raus, und Wave Idea eine ambiente Erinnerung, die wie alles hier zwar definitiv immer noch zu experimentell veranlagt ist, um im Formatradio zu laufen, zu der man aber vor allem selektiv mit friedvoller Sehnsucht zurückkehren wird.
Das Problem von Magic Oneohtrix Point Never ist nun, dass sich diese ambivalente Funktionsweise auf das gesamte Album übertragen lässt.
Auch wenn die Song-orientierten Stücke vor allem auch zeigen, dass Lopatin kein konventioneller Song-Writer sein will und kann, weil er nach diesen Mustern einfach nicht besonders effektiv arbeitet, seine Stücke mäandern und repetieren lässt, sie nirgendwohin entwickelt und maches insofern abseits des Kontextes ziellos versanden könnte, stechen gerade dieser Akzente auf den kurzweilig versammelten 45 Minuten einer Ambient-Platte klar heraus.
Sie tauchen ein bisschen willkürlich aus einem stimmungsvollen Meer aus patentierten, aber wenig überraschenden oder gar euphorisierenden Trademarks auf, die sich mittlerweile etwas näher im Umfeld der Score-Arbeiten von Lopatin bewegen, so aber eben auch ebenso wenig konsequent anmuten, wie die Standards selten über den versierten Autopilot hinauskommen. Das ist per se absolut nichts schlechtes, bestenfalls gar das Gegenteil und vielleicht sogar das Werk von dem M83 ergebnislos fantasiert, vorerst aber nur ein schöner Ansatz für zukünftige Entwicklungen, ein gefühltes Übergangsprojekt und nur bedingt befriedigendes Album.
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