Oneirogen – Kiasma
Der New Yorker Komponist Mario Diaz de Leon legt über Denovali mit dem zweiten Longplayer als Oneirogen, ‚Kiasma‘, das erste ernstzunehmende Drone-Release des Jahres vor. Wer sich dabei dröge dröhnenden Einheitsbrei erwartet liegt falsch, und sollte im Cover lieber einen der letzten bepflanzten Flecken in einer postapokalyptischen Zukunftsvision sehen.
Mit dem Debutalbum ‚Hypnos‚ sowie der ‚Veni Nox Anima‚- EP, und dem auf ihnen vertretenen Synthiegeflirre mit starkem Hang zum Dark Ambient, hat sich de Leon durchaus bereits einen Namen in der New Yorker Experimentalmetalszene gemacht. ‚Kiasma‚ nun denkt die Metaleinflüsse weiter, öffnet haufenweise Schubladen von Drone Marke SunnO))) über den feingliedrigeren Ansatz von Methadrone bis hin zum wabernden Funeral Doom à la Esoteric, durchwühlt diese und verteilt das Gefundene auf die eigenen dystopischen Synthiesounds. Ein Versuch an einem Blade Runner Soundtrack durch den Esoterik-Metal Fleischwolf gedreht vielleicht.
Nach dem die Fronten klärenden Opener ‚Numia‚ wird speziell im zweiten Track ‚Pathogen‚ klar, womit man es als überspannendem Thema zu tun hat – ihren Schatten vorauswerfende, dunkle Synthiewände im besten Terminator-Stil die sich mit Bassriffs aus dem Earth-Lehrbuch abwechseln, und hier und da von aufheulenden Gitarrenfragmenten durchschnitten werden. ‚Mutilation‚ nimmt diese Grundzutaten und denkt sie weiter, macht damit mehr und das epischer – kurz: hinterlässt einen bleibenden Eindruck an den man sich gewöhnen könnte, und trotzdem kommt es dann ein wenig anders als man denkt.
Als Interlude versteht sich ‚Imminence‚ wohl, gibt aber mit astreinem Black Metal Gegniedel aus den kältesten nordischen Wäldern den dezent abgeänderten Ton der zweiten Hälfte von ‚Kiasma‚ vor. Das Dröhnen wird was den Frequenzbereich betrifft nach oben verlagert, die Gitarren flirren weiterhin im Hintergrund, und selbst die Elektronik scheint sich an Darkthrone & Co. anzulehnen wenn es mit ‚Katabasis‚ zum vierzehnminütigem Mammutwerk der Platte kommt, das mit seiner delikaten Herangehensweise beinahe so etwas wie eine Erzählstruktur aus den Doom und Black Metal-Attitüden presst. Ein luftiger Sci-Fi-Loop wird langsam aber sicher von weißem Rauschen aufgefressen, die vormals kraftvollen, fast plumpen Drones durch an Brian Eno gemahnende Gitarrentupfer frisch gehalten. Ohne sich überfordernd übereinander zu stapeln kollabiert das Ganze dann doch irgendwann unter einer Säule aus Dark Ambient und Trockeneis, um sich im kurzen ‚Gauze‚ entspannt auf das finale schwarze Loch ‚Mortiomnia‚ vorbereiten zu können. Bis hierhin verlässt sich das Album gänzlich auf rhythmuslose Instrumentalität und Dichte um die kühle Endzeitstimmung zu verbreiten, und macht nun zumindest mit der Gesangslosigkeit schluss. Das Gekrächze hinter den immer noch hoch vor sich hin flirrenden Synthies in Kombination mit dem wabernden Bassgedröhne lässt beinahe Dubstep-Stimmung aufkommen, wer einen Drop erwartet irrt sich aber natürlich, standesgemäß wird sich mit einem kurzen, schmerzvollen White Noise-Abgang verabschiedet.
Was am Ende bleibt ist zumindest eine Erleichterung, dass die ganze schlechte Stimmung endlich ein Ende hat. Natürlich muss das was hier geboten wird entsprechend laut konsumiert werden, aber Obacht: man lauft Gefahr die feinen Nuancen, die ‚Kiasma‚ mit voranschreitender Laufzeit offenbart, zu überhören. In erster Linie ist Oneirogens Werk für Freunde des gepflegten Drones geeignet, die sich vorstellen können, sich während dem hypnotischen Einerlei auch mal auf eine Odyssee im All begeben zu können, oder Post-Metalern jeder Art die auch gerne mal über den Tellerrand in einen postapokalyptischen Abgrund schauen, wie ihn zum Beispiel auch Cult of Luna auf ihrem jüngsten Werk in den (im Endeffekt das halbe Album ausmachenden) Interludes aufgetan haben. Spaß wird man dabei wenig bis keinen haben, dafür eventuell das Bewußtsein erweitern.
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