Omar Rodríguez-López – Un Corazón de Nadie

von am 1. Juni 2012 in Album

Omar Rodríguez-López – Un Corazón de Nadie

Ein Jubiläum, welches wohl nur die Hardcore Fans feiern werden: The Mars Volta Mastermind und Jetzt-Auch-Wieder At the Drive-In Gitarrist Omar Rodríguez-López hat sein zwanzigstes Soloalbum fertig – eine verstörende Elektroplatte ist es geworden.

Er macht es also wieder, nach geschlagenen eineinhalb Jahren. Vor allem 2011 war es ja verdächtig ruhig um den sonst so nimmermüden Vielveröffentlicher geworden. Nur eine trotz ihrer Länge die Rodriguez-Lopez Solodiscographie nun wirklich nicht erschöpfend dokumentierende Werkschau namens ‚Telesterion‚ hatte das Licht der Welt erblickt. 2012 zeigt sich der Texaner jedoch wieder als größter Feind für die Geldbörsen seiner sammelwütigen Jünger: Da wird erst das fünfte The Mars Volta Album ‚Noctourniquet‚ aus der Mottenkiste geholt, At the Drive-In für wenig euphorisch bejubelte Live-Auftritte ebenfalls, Les Butcherettes werkeln bereits an neuem Material und mit ‚The Somnambulists‚ steht bereits Soloalbum Nummer 21 in den Startlöchern. Gut zwei Monate vor dem physischen Release stellt Rodriguez sein mutmaßlich aktuelles Werk – liegen doch bei kaum einem anderen Musiker solch unnachvollziehbare Zeitspannen jedweder Länge zwischen Aufnahme und Veröffentlichung – nun zum Download bereit. ‚Un Corazón de Nadie‚ scheint unter den Fingern zu brennen.

Das Cover gibt jedoch nur auf den ersten Blick Hinweise weshalb: Baby-Omar in den Armen von Frances Rodríguez-López, seiner Mutter, welche im März 2012 unerwartet verstorben war. Ob ‚Un Corazón de Nadie‚ (oder „Nobody’s Heart„) nun jedoch tatsächlich Verlustverarbeitungsprozess oder künstlerische Traueraufarbeitung geworden ist, darüber können die zehn Stücke wenig Aufschluss geben. ‚Un Corazón de Nadie‚ ist eine von Rodriguez-Lopez‘ Elektronikplatten geworden, in der Tradition der Discographieverwandten Platten ‚Minor Cuts and Scrapes in the Bushes Ahead‚ und ‚Tychozorente‘, diesmal jedoch einzig und allein von Tausendsassa Omar eingespielt: Vocals, Synthesizers, Sequencers, Drum Machine, Piano, Gitarre und Samples, alles selbst eingespielt und produziert. Nicht alles davon nimmt man auf ‚Un Corazón de Nadie‚ wahr: Der spanischsprachige Gesang wird immer wieder von permanent bösartig fiependen Synthesizern verschluckt und andernorts ausgespuckt, Melodieansätze können gar nicht schnell genug zu breitflächigen Geisterszenarien zertrampelt werden. Soundflächen dehnen sich vor unzähligen ins Bild grätschenden Störgeräuschen aus, die Beats schleppen sich oftmlas dem Tode nahe durch wahnsinnige Electronikwüsten, vor allem ‚Mono‚ spielt mit einer geradezu aggresiv-unterkühlten Industrial-Eleganz, deren frostige Melancholie sich in digital blinkenden Neonfarben letztlich durch die gesamte Platte zieht.

Un Corazón de Nadie‚ ist sicherlich die bedrohlichste von Omars bisherigen (Elektronik)Musikimpressionen geworden: Eine weitestgehend verstörend-fordernde Reise durch Dub und Downbeat, durch karg instrumentiertes und rudimentär um psychedelische Sprengsel zirkulierende Minimalsongs sind das geworden, wo Songs sich selbst zerstückeln, Paradebeispiele wie ‚Querer‚ hirnwütig halluzinierend und wenig ermutigend den eigenen Geist attackieren und der Rest der Meute den Trip in die stillschweigende Hysterie unter Narkotikaeinfluss über sich ergehen lässt. Allerspätestens wenn in ‚Colmillo‚ die Bässe magenerschütternd tief wummern und darüber nerventötende Flipperscore Effekte springen, ehe sich breitgefächerte Orgelklänge über das Szenario zu legen beginnen, sollte jedem klar sein: Trotz der verhältnismäßig langen Pause seit dem letzten Soloalbum hat sich wenig bis nichts im Hause Rodriguez-López geändert. Das ist immer noch in erster Linie elaborierter Fanboy-Stoff, den man nicht zwangsläufig nachvollziehen aber generell mögen muss, um nicht die Augen über- oder gleich komplett durchzudrehen. Ist man für den neben allen Spuren fahrenden Solowahnsinn bisher gewappnet gewesen, entführt ‚Un Corazón de Nadie‚ stimmungsvoll in finstere Territorien ohne Netz und doppelten Boden, ohne dem breiten Spektrum an Stilen tatsächliche neuen Grund und Boden einverleiben zu können.

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