Old Man Gloom – Willing Vessel / Storms In Our Eyes

von am 8. Juni 2020 in Single

Old Man Gloom – Willing Vessel / Storms In Our Eyes

Die zwei Titelstücke des erst wenige Tage/Wochen alten Doppels Seminar VIII: Light of Meaning und  Seminar IX: Darkness Of Being bleiben vorerst den physischen Daymare-Versionen (hier und hier) vorenthalten, dafür lichten Old Man Gloom mit Willing Vessel sowie  Storms In Our Eyes die Ausschussware der Albumsessions an einer anderen Front.

Die Allstar-Band – Nate Newton, Santos Montano, Stephen Brodsky, Aaron Turner und für immer in den Credits: Caleb Scofield – tut dies gemeinsam mit ihrem Label Sige Records via Bandcamp, um Geld für diverse Organisationen rund um Black Lives Matter zu sammeln.
Für Fans ebenso erfreulich: Substanziell fallen die ausgemistetem 12 Minuten dieser nominellen Resteverwertung nicht vom regulären Albenmaterial ab – im Gegenteil eigentlich sogar.
Dass sie subjektiv jedoch paradoxerweise beinahe hintennach hinken, liegt vor allem daran, dass Old Man Gloom hier zwei hauseigene Quasi-Hits verschenkt haben. Denn obwohl obwohl Bayles, Dunn und Plotkin den Sound betreuten, wirkt dieser vergleichsweise dünn, weswegen die zwei Songs nicht über die ansonsten installierte Wucht und Massivität mit Haut und Haaren fressen, sondern weniger drangsalierend ausgebacken wirken. Für den „neuen“ Kontext hätten die beiden Stücke aber vor allem editiert werden können.

Immerhin erscheint die Beschaffenheit der Kompositionen hier weniger albumentsprechend konzeptuell, als vielmehr formelhaft, wenn wieder ausführliche Ambient-Teile das eigentliche Songwriting einrahmen, die Stücke per se dadurch aber in keiner Weise – auch nicht atmosphärisch – bereichern, sonder leere Meter zurücklegen. Weniger gravierend ist das bei Willing Vessel, das sich erst einmal aus der formlosen Elektronik warmknarzt und quietscht und sich auch hinten raus einen surrealen Abgang gönnt, dazwischen aber mit Brodsky am Haupt-Steuer zum energischen Umgang des knackigen Punk/Post Metal-Hybriden poltert. Die Kombo brüllt wild, rumort und rockt, verdammt griffig Hook-affin eigentlich. Irgendwo in der Nähe von wüsten Cave In hat das verdammtes Ohrwurm-Potential am Fleischwolf, lässt insofern aber offen, ob die Nummer nur deswegen ausselektiert wurde, weil sowohl Seminar VIII als auch IX bereits ähnlich strukturierte, aber weniger direkt zugängliche Stücke geboten haben.

Noch knackiger ist dann Storms In Our Eyes. Zwar holt die Gang hier erst lange im Stillen plätschernd aus, packt danach aber eine Wand aus Sludge-Riffs aus, die wieder mit Brodsky im Zentrum eine Mastodon‘esk triumphierende Hymnik in sich trägt. Ein herrlich thrashiges Solo von Blood Incantation-Genie Paul Riedl deutet Extase an, bleibt aber zu wenig konsequent, wenn Drumherum alles noch wachsen könnte, man aber in diesem Segment kein Gramm  Fett zulässt.
Doch das portlichen Schaulaufen als knackiger Hit sucht den Kompromiss mit Seminar XIII und gerät aus der  Balance. Denn letztendlich dominieren über die restliche Spielzeit belanglose Elektronik-Spielereien von Faith Coloccia das Geschehen, lassen Storms In Our Eyes willkürlicher am minimalistischen Drone vorbeilaufen, als es das an sich so verdammt pointierte Material verdient hätte.
Dass die beiden Nummern es nicht auf die aktuellen Studioalben geschafft haben, ist anhand ihres kompakteren, weniger zerfahren auftretenden Kerns zwar nachvollziehbar – dass man die Überbleibsel jenseits ihrer eigentlichen Bestimmung aber nicht überarbeitend effektiver an das Maximum ihres Potenzial herangeführt hat, bleibt eine Verschwendung.

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