Old Man Gloom – NO
von Oliver am 15. Juli 2012 in Album
Das fünfte Album der Bostoner Supergroup pflanzt sich in genau jene Kerbe, die man aufgrund ihrer Urheber erwarten darf und gibt sich dabei genau so zutraulich, wie man das einer Platte, welche ihre Verweigerungshaltung schon im Titel trägt, zugestehen würde.
‚No‚ hätte auch gut ein Rufzeichen hinter seinen Namen gehängt bekommen können, wäre das wohl nicht zu plakativ für die vier Mannen ohne Geltungsdrang. Denn mit welcher Nachdrücklichkeit sich das Allstar Projekt im dreizehnten Bandjahr aus allen Schemen windet, das schreit die dazugehörige Musikbrühe praktisch mit geballter Faust und Schaum vorm Mund in die Welt hinaus. Acht lange Jahre haben sich der ehemalige Isis Frontmann Aaron Turner, Nate Newton (Converge), Cave-In Tieftöner Caleb Scofield und Santos Montano (Zozobra) Zeit gelassen, um ihrem Mammutamalgam Old Man Gloom ein weiteres Kapitel hinzuzufügen. Man kann eben, muß aber nicht, so ist das halt mit diesen Gruppierungen unter dem „Supergroup„-Banner. Erwartungshaltungen werden dementsprechend dann wenn schon nicht umgangen fast wie selbstverständlich mit Wahnsinn in den Boden gerammt, die Handlungspunkte der Akteure zu den Eckpfeiler und natürlich kann man auch ‚No‚ wieder zwischen Cave-In und Isis ins Regal stellen, aber besser würde es passen, ihr neben den späten Neurosis einen Platz zu verschaffen, so wie Old Man Gloom auf ihrer Einkehr bei Turners Hydra Head Records bedrohlichen Atmosphäreschwadenintermezzi und unkonkreten Feedbacknebeln verdammt viel Platz einräumen.
So darf ‚Grand Inversion‚ mit ambienten Stakkatosynthieangriffen für Unbehagen sorgen, ohne deswegen zum Song zu werden, am anderen Ende platzt ‚Shuddering Earth‚ mit brutalem Gebrüll brachial los, Turner zwingt mit Urgewalt den Teufel in die Knie, bald zieht sich das Inferno in seinen uber 14 Minuten jedoch in ein dunkles Wakuum zurück teilt sich die Zwangsjacke mit Khanate, wo Feedbackschleifen im Drone austrocknen. Zwischen den beiden Punkten toben sich Old Man Gloom in den Extremen aus, schlagen in der Voraussehbarkeit erstaunliche Haken zwischen Postcore und Sludge, landen nie genau dort, wo man sie erwartet. ‚Common Species‚ dämpft in dieser Gangart seine Noiserock-Gitarre, explodiert als Post-Metal Gewitter und schleppt sich danach unbarmherzig über pechschwarzen Doom wieder in Länder aus Dröhnen und verhackten Scoreflächen. Eben in diese Front stapft auch ‚The Forking Path‚ stoisch, findet Rückkoppelungen und brodelnde Ungeselligkeit in ‚Shadowed Hand‚, das erst spät Gefällen an Strukturen findet und es damit ‚Rats‚ gleich tut, welches in seinem Gang durchs Nebelmeer irgendwann sogar kurzzeitig hemmungslosem Punk begegnet – freundlicher wird die Sache dadurch freilich nicht. Dagen erscheint es beinahe zugänglich, wie Old Man Gloom in ‚Regain/Rejoin‚ mit einer räudigen ‚White Silence‚-Bassattacke randalieren, denn da steckt eigentlich nicht wenig Rock und Doomriders drinnen, die Leadgitarre formuliert in Deckung vor dem walzenden Groove gar eine Melodie und wenn es nicht so unwahrscheinlich wäre, würde man da Handclaps hören können.
Freilich nur ein Intermezzo auf dem störrischen Biest ‚No‚, dieser großen, aggressiven Dampfwalze. Das einzige Mal, das Old Man Gloom tatsächlich ansatzweise Licht in ihr stockdunkles Werk lassen, findet in ‚Crescent‘ statt – selbst hier zünden sie ihr Lagerfeuer zum Knochenblues jedoch an den Pforten der Unterwelt an. Dass ‚No‚ zwischen all den Polen, all den Ausrichtungen und Wendungen in einem Guss durch die Apokalypse fließt, darf dabei der reichhaltigen Erfahrung der einzelnen Musiker zugeschrieben werden, die sich von Produzent Kurt Ballou zudem den idealen Sound zwischen zielgerichtetem Jam und komplexen Turmbau roh und direkt auf den Leib haben gießen lassen. Die Enddestination von ‚No‚ liegt in seinem Tiefengang dabei über weite Strecken wie so vieles hier im Dunkeln, der Sog, der Rausch dieser Tour de Force ist das eigentliche Ziel. In seinen mitreißendsten Momenten gelingen Old Man Gloom so verstörende Hymnen der Entmenschlichung, driftende Brocken der Verstörung. Ob ‚No‚ damit auch einfach zu konsumieren ist, darauf kann es natürlich nur eine Antwort geben.
[amazon_link id=“B0081D8L1I“ target=“_blank“ ]Vinyl LP auf Amazon[/amazon_link] | [amazon_link id=“B0081D89KG“ target=“_blank“ ]CD auf Amazon[/amazon_link] | [amazon_link id=“B008E5RAY2″ target=“_blank“ ]MP3 Download auf Amazon[/amazon_link]
Ähnliche Beiträge
Tags: Drone, Hardcore, Metal, Musik, Noise, Post Metal, Punk, Rezension, Rock, Sludge Print article
1 Trackback