Nothing – The Great Dismal
Auch wenn der (immer noch mit vielen Fragezeichen ausgestattete) Weggang (?) von Brendan Setta nicht kompensiert werden kann, finden Nothing nach Dance on the Blacktop mit The Great Dismal nicht nur mit einem etwas annehmbareren Artwork, sondern auch der besseren (Alternative Rock-affinen) Produktion zurück in die Spur.
Und das, obwohl zahlreiche Songs hier die Spannweite des angestammten Shoegaze und Dreampop in all der bittersüßen Melancholie des dunklen Nihilismus genau genommen nur am guten Standard vermessen: Just a Story etwa oder das fließend-treibende Bernie Sanders, während Famine Asylum erst unausgegoren wirkt, sich im letzten Drittel aber schön gehen lässt und zudem einen betörenden Refrain bietet, bevor der gute Closer Ask the Rust seine Routine kompositorisch und die Waagschale einer variablen Bandbreite wirft, dabei aber endgültig nicht mehr kaschieren kann, dass der gleichförmig gehauchte Gesang von Domenic Palermo im Verlauf für eine gewisse Beliebigkeit sorgt.
Insofern ist es per se keine schlechte Idee, wenn die Konturen für Say Less knackiger angezogen werden, Nothing hier einen kompakten Poprock-Song mit Alibi-Shoegaze-Texturen und biederen Strukturen spielen. Doch auch wenn die catchy hängen bleibende Nummer so zwar für Freunde der Silversun Pickups sicher anziehend sein wird, langweilt sie aufgrund ihrer offenkundigen Agenda und wenig Entdeckungsraum lassenden Durchsichtigkeit auch zu schnell.
Selbst in alle diesen Szenen bietet The Great Dismal einen deutlichen Formanstieg nach dem frustrierenden Vorgänger, wird in Summe allerdings dennoch auch mit ambivalenten Gefühlen entlassen – immerhin zeigt eine Handvoll Ausbrüche nach oben, wozu Nothing eigentlich fähig währen.
A Fabricated Life klampft nostalgisch über ein ätherisches Ambientmeer des Slowcore, installiert die wirklich starke Atmosphärearbeit der Band über eine stille, abgekämpfte Sehnsucht, die mit fast kitschiger Anmut im orchestralem Trost erblüht. Das tolle April Ha Ha öffnet die Konventionalität besser, weil heavier ausgerichtet und weniger schablonenhaft am potentiellen Single-Muster orientiert, wohingegen Blue Mecca im Reverb einer nächtlichen Zärtlichkeit badet und sich voller balsamierender Sehnsucht nicht im Wohlklang verliert. Catch a Fade und In Blueberry Memories adaptieren dafür die Vorzüge von Chastity (also einem Eklektiker im ähnlichen Spektrum) – einerseits als gelöste Nostalgie, die mit beeindruckender Leichtigkeit wie nebenbei einen Ohrwurm aus alternativen 90ern zaubert; andererseits als hymnisch angelegte Nummer aus Twin Peaks mit majestätischem Postrock-Überbau.
Trotz einer also spürbaren qualitativen Ambivalenz ist The Great Dismal dennoch eine runde Angelegenheit, vor allem aber wohl der Schritt in zwei richtige Richtungen: Indem Nothing Fans der ersten beiden Alben versöhnen und gleichzeitig auch jenen Anknüpfungspunkte bieten, die den Hype um das Frühwerk der Band nicht teilen konnten.
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