Nostromo – Bucephale

by on 18. November 2022 in Album

Nostromo – Bucephale

Bukephalos war das legendäre Streitross von Alexander dem Großen – das hier mit Dehn Sora-Ästhetik zum zweihörnigen Monstrum wird. Denn Bucephale ist das erste Album der Metalcore-Vorreiter Nostromo seit zwanzig Jahren.

Dass man sich keine Sorgen machen müsste, ob die Schweizer ihre durchaus ebenfalls legendäre Vita knapp eineinhalb Dekaden nach dem vorläufigen Acoustic-Schwanengesang Hysteron – Proteron würdig fortsetzen würden, war ja eigentlich bereits durch die ziemlich triumphale Rückkehr der Band über das Doppel aus dem kompakten Uraeus | Corrosion sowie dem überragenden  Narrenschiff praktisch in Stein gemeißelt – und dass man einem Comeback nach derartig langer Auszeit (und trotz solcher Messlatten wie dem brillanten Vorgänger Ecce Lex) ohne Skepsis ausnahmslos euphorisch entgegenblickt, soll an dieser Stelle noch einmal vor allem die Qualität der grandiosen EP von 2019 gerühmt werden.

Bucephale erfüllt (im gemeinsam von der Band selbst und Rapha‘l Bovey produzierten, enorm kraftvollen, jedoch trotz aller Wucht immer noch eher definiert muskulösen als massigen Sound) die Erwartungshaltungen und hohen Ansprüche nun allerdings letztendlich nicht nur, sondern übertrifft sie sogar leicht. Indem das Viertwerk homogen in sich geschlossen den stringenten Spannungsbogen zwingend verfolgend die Trademarks der Schweizer gleichermaßen zeitlos und deutlich moderner in Szene setzt, die unterschiedlichen Facetten der Veranlagung ohne Brachialität kontrastiert und damit eine variabele Homogenität von voluminöser Unverrückbarkeit zelebriert.

Vor allem die beiden Songs mit Gastbeiträgen ragen diesbezüglich hervor, ohne dafür tatsächlich individualistisch ausbaden Rahmen zu fallen. Κατάϐασις baut mit den ätherischen Elementen von dem nicht nur für den Artwork verantworklich zeichenden Sora alias Treha Sektori seine Spannungen geduldig im beunruhigenden Ambient schnaufend auf und entlässt diese dann in eine Post Metal-Heaviness mit monolithisch walzendem Stoizismus.
Das würdige Finale Asato Ma legt sich mit Boris und DB von Monkey 3 dagegen in eine pastorale Patina, deren erhebende, geduldig beschwörende Geste wie ein Schleier über dem elegischen Hass liegt, sich im somnambulen Rausch der halluzinogen Trance sogar ein psychedelisch verschwommenes Solo gönnt und damit den beinahe epischen Nachhall und Ausklang einer auch bis zu diesem Zeitpunkt bereits keineswegs gleichförmigen, sondern extrem kurzweiligen Kaskade geradezu versöhnlich anbietet.

Im dystopisch hakenden Ship of Fools walzt der bolzende Unmut, drangsaliert mit stoischem Gewicht und bleibt unberechenbar was Tempo, Dynamik, und Vektoren der Abrissbirne abgeht, und radikal, bis das Riff in den manischen Grind arretiert und dort für IED (Intermittent Explosive Disorder) Djent-Kerosin mit der unverbrauchten Liebe für Nasum säuft – so intensiv, dicht und konzentriert, wiewohl die Dramatik etwas heroisches zwischen den hirnwütigen Attacken forciert, ziemlich schmissig! In Praise of Betrayal hat eine harsche, fast Industrial-artigen Kante im Groove und tackert apokalyptisch wie sludgige Converge vor einem melodisch-hymnischen Panorama, derweil A Sun Rising West so hungrig antreibt, keifend peitschend die Zähne im Hardcore verbissen fletscht, und sich agil in den Muse-Tornado im Mahlstrom frickelt.

Per Sona dreht das Chaos mit Math-Aspekt wie The Dillinger Bollo-Vorschlaghammer Plan hoch und Lachon Hara rührt den Hardcore doomiger an, wo der Pit zu einer finsteren Grandezza gedeiht und sich in die Breakdown-Orgie stürzt. Realm of Mist ist gewissermaßen eine Symbiose aus Pig Destroyer und Knut, die sich irgendwann  schweinerockig in Position bringt, bevor Decimatio mit präziser Strenge den Würgegriff zwischen Botch und Napalm Death ansetzt: „You’re just empty shells/ And your packaging sucks/ Give me something real/ Or I’ll go for the kill“ brüllt der assoziative Eklektizismus von Nostromo wie ein rausschhafter Frontalangriff, der es mit allem und jeden aufnehmen kann, ohne das letzte ikonische Quänzchen festnageln zu können, und deswegen letzten Endes sogar wie ein der mantraartige Versuch anmutet, Frieden mit den eigenen Dämonen zu schließen (und alte Weggefährten würdig zu verabschieden): „From ignorance, lead me to truth/ From darkness, lead me to light/ From death, lead me to immortality“ skandiert eine Band, die in ihrem zweiten Leben zumindest das Gros der Konkurrenz aus dem Stand weg abhängt

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