Norah Jones – Little Broken Hearts
Der Moment, da man Norah Jones als kredibiler Musikfan nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand und beim romantischen Candlelightdiner toll finden darf, ist letztendlich gekommen. Produzent Danger Mouse weiß eben, dass man die 33-Jährige nicht nur von ihrer Schokoladenseite ausleuchten sollte.
Ein paar Ecken hier, ein paar Kanten dort. Die Träne im Knopfloch und über allem der typisch soulig warme Vintagesound, den Brian Burton unter anderem schon den Black Keys, Gnarls Barkley und James Mercers Broken Bells auf den Leib geschneidert hat. ‚Little Broken Hearts‚ bemüht sich um mehr Tiefe als die seichten Vorgängeralben und findet diese in der endgültigen Abkehr vom geschmeidigen Alibijazz der Anfangsjahre rund um das Grammymonstrum ‚Come Away With Me‚, welches sich so liebevoll von Boutique zu Kaffeehaus zu Kamminfeuerszenarie gesäuselt hatte, um sich letztendlich in die künstlerische Sackgasse zu manövrieren. Norah Jones wechselt endgültig zum zartbeseiteten Pop, filigran und zerbrechlich inszeniert, wo Melodien scheu umgarnt um dann schüchtern umarmt zu werden. Und im Hintergrund, da baut sich endlich wieder mehr auf, um ‚Little Broken Hearts‚ zu mehr zu machen, als dem angenehmen Gefälligkeitsgeklimper.
„Does she make you happy? I like to see you happy!“ versichert Jones im sentimentalen Albumhöhepunkt ‚She´s 22‚ und doch passt die zutiefst melancholische Stimmung rundherum nicht so ganz zum neuen, verruchten Image. ‚Little Broken Hearts‚ klingt nach Aufräumarbeiten in nächster Herznähe. Aufrichtiger und nahbarer als es ‚The Fall‚ tat, dem Album nach Lee Alexander und ausgerechnet dem endgültigem Stagnationpunkt an der Grenzlinie zur Beliebigkeit. Deswegen heißt es nun auch so richtig ‚After the Fall‚, das unheimlich reichhaltige Instrumentarium darin spielt wie überall hier nahezu unbemerkt zwischen den hingebungsvollen Zeilen. Der Opener ‚Good Morning‚ braucht nicht mehr als einen zaghaften Wurlitzer, das Piano teilt sich den Vordergrund mittlerweile generös mit der anmutigen Rhythmusabteilung. Wenn die Reverbgitarre im ‚She´s 22‚ den Song praktisch alleine stemmt und einsame Akkorde im Niemandsland zur Niedergeschlagenheit verklingen, ist das einer der vielen Momente auf ‚Little Broken Hearts‚, auf denen Jones ehrlicher klingt, als je zuvor. Reduzierter und direkter und schlicht besser: „Guess I Have to Love You From Afar.„
Diese melancholischen Brocken machen die zugänglichsten Phasen der Platte freilich noch anschmiegsamer: ‚Say Goodbye‚ oder ‚Out on the Road‚ werkelt unweit der Broken Bells und sind mehr Feist-Pop als Weiterführung der bisherigen Norah Jones Schiene, in den stärksten Augenblicken gar eine Ersatzdroge für die abgängigen Cardigans. ‚Take it Back‚ offenbart, wieviel Einfluss Brian Burton tatsächlich auf die letzte Black Keys Platte hatte, ‚Happy Bills‚ unterstreicht. Bedarf es weiterer Beweise für die prägende Handschrift, muss man nur auf all die versteckten Slidegitarren hören, die countryinfizierten Sequenzen freilegen oder schlicht dem umständlich rumpelnden Gorillaz Beat von ‚After the Fall‚ folgen, der direkt in soulgeschwängerte Orgelgefilde führt. Man merkt ‚Little Broken Hearts‚ den detailverliebten Entstehungsprozess zu jedem Zeitpunkt an, nicht nur im feingliedrigen Songwriting, sondern eben auch in der unheimlich kompakten Produktion. Kein Wunder, hatte die Zusammenarbeit zwischen Jones und Burton doch ihren Anfangspunkt schon vor der Fertigstellung von ‚The Fall‚ – mit dem ‚Rome‚ Projekt des umtriebigen Produzenten als rühmlichen Zwischenstopp. Schon dort hat die Beimengung von mehr Sexappeal bei analogem Sound der Stimme Jones‘ gut getan. Das Image der knuddeligen Kuschelträumerin wankt jedenfalls bedenklich. Und das ist auch gut so.
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