Noel Gallagher’s High Flying Birds – Council Skies

von am 5. September 2023 in Album

Noel Gallagher’s High Flying Birds – Council Skies

Sechs Jahre nach dem durchwachsenen Who Built the Moon? kehren Noel Gallagher’s High Flying Birds mit einem überraschend unscheinbaren Album zurück: diese Council Skies sind seltsam unkonkrete Sehnsuchtsorte.

Den Grundgedanken hinter seinem vierten Quasi-Soloalbum fängt Noel mit „…going back to the beginning. Daydreaming, looking up at the sky and wondering about what life could be…“ ein und hat diesem vagen Bild vor dem inneren Auge folgend Musik aufgenommen, die melancholisch angelegt ebenso von Erinnerungen an die eigene Kindheit geprägt ist, wie es seine während der Pandemie entstandenen Songs als tröstenden Seelenbalsam verstanden wissen will.
Wo We’re Gonna Get There in the End als wundervolle Standalone-Single da schon zu fassbar konturiert für das reguläre Album ist, und eigentlich auch das mit Johnny Marr auf Elektro-Beat hin zum Kraut schaltend gebaute, Tempo machende Pretty Boy als zu penetrante Yeah-Schwachstelle (nichtsdestotrotz im Kontext gewinnend) auf eine falsche Fährte lockt, hat Council Skies das typische Noel Songwriting auf eine warme 60s und 70s affine Atmosphäre gebaut, die von I’m Not Giving Up Tonight weg angenehm halb-erwachend mit bedächtigem Acoustic Folk-Flair und traumwandelnd schwelgenden Streicher-Arrangements dahinläuft, rhythmisch meist nach altbekannten Chris Sharrock-Mustern arbeitend (also oft stampfend) aber durch den romantisch verträumten Sound jedes traditionelle Rock-Gefühl eher in hippiesker Nostalgie wattiert, bescheiden und sanft bleibend auflösend, selbst in den theoretisch pompösen Szenen so lieber zurückhaltend bleibt.

Songs wie die komplett entschleunigte Träumerei Dead to the World, die von ihren ätherischen Arrangements und behutsamen Harmoniewechseln zum magisch erhebenden Refrain streichelt, das auf Samtpfoten pochende Open the Door, See What You Find haben da durchaus etwas hymnenhaftes, artikulieren es im Charakter von Council Skies jedoch auf eine nie ganz greifbare Weise, bimmeln als luftiger Anachronismus leicht schunkelnder Fantasien, die im Falle der ruhig tröstenden Schwelgerei Trying to Find a World That’s Been and Gone Pt. 1 (das sich eher wie ein nicht restlos ausformuliertes Interlude einsetzt) oder dem elegisch-packenden Easy Now auf den ersten Blick gar unterwältigend wirken, nach und nach aber zu erkennen geben, dass sich Noel mit seiner Band – neben Gast Marr und Drummer Sharrock Bassist Russell Pritchard, Keyboarder Mike Rowe, Gem Archer (Gitarre), sowie Co-Producer Paul “Strangeboy” Stacey, der im letztgenannten Song ein ambientes Solo beisteuert – anstelle der Hits diesmal für relativ unscheinbare Ohrwürmer entschieden hat, die sich gegebenenfalls auch flüchtig wieder aus den Gedanken schleichen.

Noel singt Zeilen wie „I can lend you a dream/ ‚Til we meet again/…/ But if love ain’t enough/ To make it alright/ Leave me dead to the world/ ‚Cause I’m sleeping/…/ I’m so tired/ Let these be my last words“ und zeigt dabei eine versöhnliche Milde.
Wenn subtil tanzbare Grooves wie im Titelstück auftauchen, passiert dies mit vager Doves-Assoziation also auf ebenso dezente Weise, wie wenn Think of a Number als Amalgam aus Bowies Ashes to Ashes, El Mañana (Gorillaz), The Cure-Vibe, U2’s Staring at the Sun und OasisFalling Down gefällt. Letztendlich genügt es vielleicht schon als Sinnbild für diesen heimlichen Grower von einem phasenweise latent egal nebenher plätschernden Album, wie der Closer eine erhabene Majestät findet, diese aber nicht fokussiert, sondern unverbindlich durch die Finger rinnen lässt. Was in gewisser Weise auch einen frustrierenden Beigeschmack der Zwanglosigkeit trägt, aber dem vierten Album der High Flying Birds auch einen ganz eigenen, verführerisch unergründlichen Charakter mit viel Substanz unter den dösenden Formen verleiht.

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