Nils Frahm – Paris
„Hurry up with my damn croissants!“ Nils Frahm hat wenige Monate nach Day mit Paris noch kurz vor dem Jahreswechsel sein (je nach Zählweise) drittes oder viertes Livealbum veröffentlicht.
Gerade eingangs hat dieses jedoch keinen Grund zur Eile, wenn die ersten drei Stücke der Platte eine Dreiviertelstunde der insgesamt knapp 84 Minuten Gesamtspielzeit einnehmen.
Der Prolog ist eine friedlich schimmernde Soundcollage in extraterrestrischer Ruhe, die über die folkloristische Harmonika-Aufgedrehtheit in den Dark Ambient findet, bevor Right Right Right sein Studio-Wesen auf der Bühne funky weiterdenkt, das Piano zu einer esoterischen Percussion mitsamt einem 80er-affinen Noir-Jazz-Flair führt. Eine mystische Odyssee, an deren Ende eine – die einzige – ausladende Interaktion zwischen Frahm und dem Publikum steht. Die dabei aufgezeichneten Tier-Imitationen begleiten Briefly als (zugegeben eher redundante, kaum wahrnehmbare) Slow Motion-Patina.
Im Gegensatz zu Spaces und Tripping With Nils Frahm ist Paris das erste Livealbum des Deutschen, das an nur einem Abend aufgenommen wurde – nämlich am 21. März 2024 in der Philharmonie de Paris (was dann übrigens auch die Frage ob der Unfehlbarkeit von Setlist.fm klärt).
Frahm trägt dabei das gesamte Instrumentarium alleine, nur bei den „Mellotron Sounds“ bekommt er Unterstützung von Anne Müller, Katinka Fogh Vindelev und Ruth Velten.
Eine Gewichtung, die der 42 jährige problemlos stemmt, auch wenn sich Paris dann einzig und allein doch den Vorwurf gefallen lassen muss, letztlich dramaturgisch nicht ganz so gut ausbalanciert zu sein, wie seine zusammengebastelten Vorgänger-Konzert-Werke.
Denn wo der überragende Einstieg der Platte gerade auch dadurch besticht, dass er alle Zeit der Welt hat und ganze Welten mit monomentaler Eleganz auftut, kommt das Finale der Show mit Hammers vergleichsweise rasant und unmittelbar nach vorne stürmend zu seinem (eine gewisse Unverhältnismäßigkeit zeigenden,) zu abrupt scheinenden Ende, das dann auch noch ganz antiklimatisch ausgefadet wird.
Dazwischen aber setzt Frahm die richtigen Akzente, um eine fesselnde Dynamik zu kreieren. Bei You Name It, Some und Re sitzt Frahm am Piano und artikuliert die Melancholie der Stücke als ruhige Einkehr mit behutsamer Präzision. Spells erzeugt dagegen als elektronischer Pol einen wunderbaren Kontrast aus der lebendigen Hibbeligkeit und seiner groovenden Downbeat-Kontemplation, während das bisher unveröffentlichte Opera eine Art Drone-Halluzinogen mit Retro-Vibes darstellt – und einen weiteren Grund, weswegen man Paris als Frahm-Anhänger im turbulenten Jahres-Finish besser nicht übersehen hat.
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