Nils Frahm – Old Friends New Friends
Nils Frahm versammelt auf der Compilation Old Friends New Friends 23 Solo-Piano-Kompositionen, die es, im Zeitraum von 2009 bis 2021 entstanden, nicht auf etwaige Studioalben geschafft haben.
„It’s like if your kids finally move out when they’re 23, and you realise, ‘Shit, this could have happened years ago!’“ gibt Frahm zu Protokoll und weiß eben auch, dass sich keine Sekunde der insgesamt beinahe 80 Minuten nach Resteverwertung anfühlen: „Maybe I could say it’s an album I worked on for twelve years, and finally I have enough material?”.
Ja, das passt durchaus, mit Augenzwinkern freilich. Denn die schon mit Graz unlängst sehr famos begangene Archiv-Sichtung des Deutschen passiert hier natürlich mit einer auch erschöpfenden Ausführlichkeit (oder eher: einer die Aufmerksamkeit im letzten Drittel nicht mehr bedingungslos fesselnden Ausrichtung).
Dennoch passt der Fluss, die homogene Stimmung, die Qualität, in diesem warmen und intimen Reigen der melancholischen Nostalgie und Zeitlosigkeit einfach – auch entlang einiger herausragender Momente wie The Idea Machine, das Martin Gore tief berühren dürfte oder dem frappant und trotzdem entrückt an Sufjan Stevens erinnernden Forgetmenot. Zudem ist das Sequencing ganz grandios geraten (wie sich unter and erst etwa alleine schon beim Übergang des knisternden Vinylrauschen von Todo Nada zum ruhigen Weddinger Walzer nachvollziehen lässt) und Frahm die Nummern auch immer wieder mit individuellem Charakter: Rain Take klingt tatsächlich wie prasselnder Regen, Then Patterns gibt sich besonders lebendig und Corn akzentuiert seine Dramatik mit eiliger Neugier, bevor New Friend in die jazzige Lounge des saloppen Panoptikums schlendert und Iced Wood orchestrale Andeutungen in der Grundierung pflegt. Das ist schön und angenehm, wächst aber vor allem durch die imaginative Wirkung und das atmende Sounddesign, das nie nur das Piano erklingen lässt, sondern immer auch das samtene Klackern der Tasten und den Raum darum herum einfängt.
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