Night – High Tides – Distant Skies

von am 26. September 2020 in Album

Night – High Tides – Distant Skies

Das schwedische Quartett Night tritt mit High Tides – Distant Skies zum vierten Mal scheinbar mühelos den Beweis an, dass Skandinavien die Retrorock-Welle einfach konstant kompetent reitet – schlimmstenfalls ohne Genieblitze.

Auch wenn High Tides – Distant Skies eher eine Fortsetzung der Evolution, als eines stilistischer Umbruch darstellt: An die NWOBHM-Ursprünge der vor auch bald einem Jahrzehnt formierten (jedoch gefühlt nie ganz aus der zweiten Vintage-Reihe hervortreten könnenden) Band aus Linköping erinnert dabei nur noch wenig – Here On My Own galoppiert etwa besonders trocken und knackig Richtung Satan, Give Me To the Night gackert als Speed King ohne Exzess zwischen Deep Purple und Judas Priest -, doch selbst an den drei Jahre alten Vorgänger Raft of the World knüpfen Night mehr so direkt an, wie noch auf Feeling It Everywhere vor wenigen Monaten.
Die Schweden haben auf sich auf High Tides – Distant Skies vielmehr endgültig in einer Ursuppe des Proto-Metal, 70s-Style und Classic Hard Rock freigeschwommen, tragen als versierte Eklektiker die anachronistischen Einflüsse von Blue Öyster Cult bis Thin Lizzy mit stolzer Brust vorneweg.

Das luftig-lockere, beschwingte Crimson Past adaptiert die Dire Straits und Falling in the Black entschlackt Survivor mit akustischem What‘s Up-Zwischenspiel. Running Away würzt seinen MO mit ein bisschen klimperndem Queen-Flair samt Soul und Soli, während Lost in a Dream mit seinem Ein-Ton-Piano wie The Darkness in brav klingt, wo High Tides – Distant Skies generell harmlos und ungefährlich bleibt, bevor Under the Moonlight Sky mit seinen Synthies und mehr noch einem Orchester in den 80ern ankommt.
Dabei agiert die Band stets so unverkrampft und lässig wie vielleicht nie zuvor, schüttelt gleich zum Einstieg mit Shadow Gold und Burning Sky extrem schmissige Ohrwürmer aus dem Handgelenk, die symptomatisch von authentisch-infektiösen Gitarrenleads, organischen Grooves und der immer noch etwas zu kraftlos-heiseren Stimme von Mr. Burning Fire lebt.
High Tides – Distant Skies wird deswegen mit seinem Sound, dem überdurchschnittlich soliden Songwriting, der versierten Performance und der schlüssigen Ästhetik zwar wohl selbst eingefleischte Retrofans kaum in Euphorie versetzen, allerdings nicht nur diesen ein rundum zufriedenes, unmittelbar vertrautes Grinsen in das Gesicht biegen.

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