Nick Cave & Warren Ellis – Blonde
Nick Cave und Warren Ellis erschaffen für Blonde einen New Age/Dark Ambient-Score, der Marilyn Monroe aus der Perspektive von Angelo Badalamenti betrachtet, mehr noch aber wie ein weitestgehend instrumentaler Nachhall zu Ghosteen ausgelegt ist.
Gleich der optimistisch-schimmernde, kristallin im retrofuturistischen Synth-Nebel später auch von lautmalenden Schemen von Gesang grundierte Opener Pearly gibt zwischen dem jüngsten Bad Seeds-Album von 2019 (siehe später vor allem auch Goddess of Love on a Subway Grating, Strawberry und Bright Horses (Instrumental) sowieso), Twin Peaks (alleine Nembutal adaptiert praktisch das Serien-Theme mit jenem von Laura als Hybrid mit der aktuellen Cave’schen Ästhetik) sowie Blade Runner (die Anmut I Love Love Love You All mit ihrem diffusen Wechsel der Kanäle und einem finalen maschinellen Eskalations-Rausch oder das klassisch angelegte Wig) das Spektrum von Blonde vor, in dem sich die knappe Stunde des Soundtracks letztendlich ausnahmslos bewegen wird, die Schwerpunkte leicht verschiebend.
Manchmal übernimmt so ein gedankenverlorenes Piano vor den elegisch wehenden choralen Segmenten akzentuiert plätschernd (wie etwa im nachdenklichen Shard, dem wie von Mogwai schraffiert wirkenden Abortion, oder dem zu plötzlichen Intermezzo Glass Silver) im verträumten, fast spirituellen Reigen, dann wieder erzeugen nautisch aufgelöst fließende Streicher die sehnsüchtige Trauer (beispielsweise in der meditativen Trance Fire in the Hills); immer sind all diese Facetten aber ohnedies Teil der musikalischen DNA, eines absolut homogenen Sehnens.
Dass viele der melodischen Motive und Harmonien dabei wie eklektisch recycelte Ideen aus einem bereits erforschten Pool wirken, trägt einen bittersüßeren Beigeschmack zur imaginativen Atmosphäre bei, als die Tatsache, dass Ellis und Cave Blonde kompositionell nie aus der wohlfühlenden Komfortzone holen – am ehesten noch in Peroxide, dessen mäandernder Optimismus eine modulierte innere Unruhe vor dem zu abrupten Ende einlädt, derweil sich Gemini zumindest kurz vage Richtung Pink Floyd bewegt und Gemini Acoustic (entgegen seines Titels übrigens eine orchestrale Umsetzung) einen besonders elaborierten Auftritt zeigt.
Schon vor dem zusammenfassenden Dacapos A World of Light scheint insofern alles gesagt – aber auch bestätigt, welche tolle Synergie Ellis, Cave und Regisseur Andrew Dominik einmal mehr an den Tag legen.
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