Neil Young – Young Shakespeare
Neil Young stöbert einmal mehr in seinen Archiven, um vergessene Perlen zu finden. Diesmal ist mit Young Shakespeare die Aufzeichnung einer Acoustic-Solo-Show von 1971 dran.
Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung von After the Gold Rush lud Young am 22. Januar 1971 genau genommen sogar zu nicht nur einem, sondern gleich zwei Konzerten ins The Shakespeare Theater von Stradford. Diese wurde für eine Ausstrahlung im deutschen Fernsehen gefilmt, jedoch bis heute nie veröffentlicht.
Ein Destillat der (das Werk von Cosby, Stills, Nash & Young sowie Crazy Horse-Material – und ursprünglich gar bis zu Buffalo Springfield streifenden) Auftritte versammelt nun eben Young Shakespeare über kurzweilige 51 Minuten beziehungsweise 12 Songs.
Der Improvisationsfaktor und Jam-Wert ist dabei auf ein absolutes Minimum beschränkt, die Interpretationen geben sich weitestgehend kompakte. Ein prägnantes Cowgirl in the Sand steht dafür ebenso stellvertretend wie eine Haltung zeigende Darstellung von Helpless. Nur Sugar Mountain wächst als knapp neun Minuten lange Version, die zwischen jeder Strophe Raum für enorm unterhaltsame komödiantische Seiten lässt, gar zum Gemeinschaftsereignis werden soll, während Neil in den Pausen generell unaufgeregt über Hintergründe erzählt oder kurzweilige Anekdoten zum Besten gibt.
In Dance Dance Dance darf die Halle klatschen, Young will ihnen etwas zu stampfen bieten. Das ansonsten weitestgehend nur in den Pausen zu hörende Publikum taucht aber auch hier bald hinter die Performance, die in traumhafter Klarheit eingefangen wurde.
Die Inszenierung bleibt stets sparsam, eine Gitarre und diese unvergleichliche Stimme genügen, um vollends in den Bann einer gefühlvollen Audienz zu ziehen. Zur Mitte der Platte wechselt Young doch an das Piano – A Man Needs a Maid bekommt so eine melancholische und nostalgische Dramatik, die der damals 25 Jährige mit einer besonders humorvollen Einleitung konterkariert, nur um abschließend zu einem wundervollen Medley mit Heart of Gold überzuleiten.
In der Genügsamkeit und zeitlosen Klasse der Darbietung erzeugt dieser Reigen auch konserviert eine bisweilen magisch intime Nahbarkeit, nichts lenkt von der Strahlkraft der Kompositionen und Youngs einnehmender Präsenz ab.
Während das Bildmaterial der Show jedoch als eine der ersten Video-Aufnahmen von Young-Konzerten für Chronisten (und Komplettisten) absolut essentiell sein dürfte, ist das entsprechende Album wohl ein bisschen redundanter, wenn man etwa den ikonischen Mitschnitt des drei Tage zuvor entstandenen Massey Hall-Auftrittes der Journey Through the Past-Tour (oder eine andere Platte dieser, was Live-Dokumente angeht, reichhaltig erschlossenen Phase aus Neils Karriere) zuhause stehen hat. Streng genommen ist von der Performance bis zur Trackliste also abseits einer generellen Makellosigkeit kaum Exklusivität per se auszumachen. Allerdings hat der Meister zumindest ansatzweise recht, wenn er über Young Shakespeare urteilt: „Eine ruhigere Performance, ohne die feierliche Atmosphäre der Massey Hall [in Toronto], gefilmt live auf 16mm.Young Shakespeare ist ein ganz besonderes Event. An meine Fans sage ich: das ist das Beste überhaupt… klanglich eine der pursten Akustik-Performances, die wir im Archiv haben.“ Darüber darf man diskutieren – das gute ist aber ja, dass man sich gar nicht entscheiden muss – sondern sowohl als auch im warmen, organischen Soundbild absolut begeistert genießen kann.
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