Nas – King’s Disease
Nach dem Kanye West-Zwischenspiel NASIR kehrt Nas wieder zum üblichen Muster seiner Studioplatten zurück: Der 47 Jährige zeigt sich auf King’s Disease immer noch als einer der besten im Rap-Game, legendäre Songs fehlen aber weiterhin.
Wir haben es beim dreizehnten Solowerk des New Yorkers wieder einmal mit einem guten Album zu tun – phasenweise sogar einem sehr guten, dann wieder mit einem besonders enttäuschenden: Diesmal scheitert Nas nicht primär an der Erwartungshaltung zwecks des Präsidentschaftskandidaten am Produzentenstuhl oder aufgrund der 1994 gelegten Messlatte, sondern an sich selbst und den Gegebenheiten.
Dabei tut Nasir bin Olu Dara Jones (anstelle das angekündigte Projekt mit Swizz Beatz und RZA fertigzustellen) vieles, um seine Qualitäten von einer Horde Kollaborateuren adäquat auf den Punkt gebracht zu wissen: Neben dem hauptverantwortlichen (und gut zu Nas passenden) Hit-Boy als Executive Producer aller Tracks geben sich namhafte Szene-Experten wie HAZE oder Rogét Chahayed die Klinke in die Hand, dazu gesellen sich (spektakulärerweise erstmals seit 21 Jahren in Originalbesetzung) The Firm, Anderson Paak, A$AP Ferg, Big Sean, Brucie B, Charlie Wilson, Fivio Foreign, leider auch Don Toliver und Lil Durk sowie sogar Dr. Dre auf eine erstaunlich ausufernde Gästeliste, die durchaus den Willen zu frischen Impulsen signalisiert.
Einzig: Gerade auch in dieser durchaus ambitionierten Offenheit liegt eine Schwäche der Platte. Denn im Rahmen, zu Beginn und (exklusive des verzichtbaren Bonustracks Spicy) am Ende der Platte, wenn Nas und Hit-Boy (mitsamt zusätzlich helfenden Händen an den Knöpfchen) noch weitestgehend ohne Features auskommen, hat King’s Disease seine besten Momente: Der Titeltrack pflegt ein souliges Sample und installiert die zurückgelehnte Gangart der Platte, Blue Benz klimpert trocken groovend und Car #85 stackst locker pumpend mit einem eingängigen Pop-Anachronismus, während sich Ultra Black mit organischen Beat in seinen geschmeidigen Flow legt, bevor 10 Points mit triumphaler Bläser-Euphorie liebäugelt und The Cure ähnlich veranlagt geschickt die Auslage wechselt.
Genau genommen hatte da zwar im direkten Vergleich selbst die durchwachsene Outtake-Compilation Lost Tapes von 2019 mit Adult Film einen herausragender hängen bleibenden Track zu bieten, doch was Nas in dieser Klammer des Albums liefert, ist einfach eine zurückgelehnte, ebenso routinierte wie lebendig klingende Qualitätsarbeit, zudem verdammt kurzweilig.
Weniger wohlwollend präsentiert sich allerdings eben der Mittelteil der Platte, der sich mit der Vielzahl an Gästen zu einem Hit or (öfters) Miss-Schaulaufen entwickelt, der kaum über die kompetente Standardware hinauskommt.
27 Summers (so viele sind tatsächlich bereits seit Illmatic vergangen!) versucht sich altbacken am Trap und das zurückgenommener (mit ambivalenter Gleichberechtigungsdemonstration in den Texten) aufzeigende Til the War Is Won rasselt so lange smooth, bis das Zeitgeist-Feature von Lil Durk unterstreicht, wie weit die aktuelle Generation hinter Nas herhechelt – auch die Autotune-Vocals von Don Tolliver versenken Replace Me davor unmittelbar, Nas selbst zieht den Karren hier zumindest weitestgehend selbst aus dem Dreck. In All Bad addiert Anderson. Paak seine typisch gelöste und locker-flockige Atmosphäre, doch es bleibt bei einem Autopilot ohne Feuerwerk.
Besser: Das hungrigere The Definition sowie das ernüchternde The Firm-Comeback Full Circle als unspektakulär-verträumtes Können, in der sich niemand der Beteiligten zu Höchstleistungen pushen will. Gut, das genügt auch so – trotzdem ist es frustrierend, dass Nas hier eines seiner potentiell überzeugendsten Alben seit Jahren verschenkt und sich mit einer weiteren zufriedenstellenden, zugegebenermaßen homogen-variablen Diskografie-Erweiterung begnügt, die weniger auf Nachhaltigkeit, als das Momentum setzt.
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