Nameless Grave – The Warmth of the Sun Can No Longer Thaw the Ice From My Bones
Winter Kneale positioniert sich mit der 27 minütigen (selbstverständlich nur einen Song umfassenden) Debüt EP The Warmth of the Sun Can No Longer Thaw the Ice From My Bones von Nameless Grave zwischen gelungenem Epigonentum und einer Potential zeigenden Talentprobe in den deprimierend schönen Untiefen des Funeral Doom.
Prasselnder Regen begleitet den Beginn von The Warmth of the Sun Can No Longer Thaw the Ice From My Bones dorthin, wo die Melancholiker von Bell Witch die zurückgenommeneren Phasen ihrer Melancholie ausleben, von trauriger Melodiösität in die Einkehr getragen.
Die Dämme brechen – erwartungsgemäß – nach rund fünf Minuten, Nameless Grave schieben die Heaviness mit kontinentaler Massivität voran. Die Vocals pflegen eine heiser growlende Verzweiflung, guttural finster würgend, die Orgeltexturen erinnern Profetus und Mournful Congregation. Das adelt, doch Nameless Grave mäandern, haben (noch) nicht die bestürzende Katharsis und Genialität ihrer Vorbilder. Die Gitarren zeichnen im schleppenden Rhythmus eine einnehmende Melodie, aber dringen nur bedingt zur Wurzel der Emotion vor. Man ist weit entwickelt, doch Luft nach oben ist noch vorhanden.
Nach der halben Spielzeit erfolgt strukturell wenig überraschend der Rückzug in den intimer ruhenden Modus der Eingangsphase, das leise Lagerfeuer-Ambiente und die Field Recordings einer zwitschernd erwachenden Natur verstärken die tolle, imaginative Atmosphäre. Wenn der Song sich wieder zähflüssig, aber doch geschmeidig, in Bewegung setzt, färbt röchelndes Blackened-Gekreine das Spektrum, die Facetten reiben sich beinahe manisch auf, schleppen sich aber letztendlich doch in der stoischen Komfortzone über den Horizont.
Also ja: Sicher ist das alles relativ nach dem formelhaften Baukasten gestrickt, es fehlt die unbedingt eigene Handschrift des Neuseeländers, der hier eher die Standards des Genres dekliniert – all dies macht aber mit einer gewissen Mustergültigkeit tut. Liebt man die prominenten Referenzen dieser Platte, wird man auch The Warmth of the Sun Can No Longer Thaw the Ice From My Bones sofort mögen.
Und gelingt es Winter Kneale erst einmal, sich bei diesem Projekt stilistisch originärer von den Vorbildern zu emanzipieren, haben Nameless Grave das Potential, über den Status der idealen Vorband der eigenen Lieblingsbands hinauszuwachsen. Mit einem hiernach einfach zwangsläufig aufkeimenden Zweckoptimismus die Zukunft betreffend ergibt das wertungstechnisch:
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